An der Atlantikküste
bis ans "Ende der Welt"

Unsere Reise durch die Normandie und die Bretagne und weiter nach Paris (Teil I)

 

Vorwort

 

Hier der Bericht einer Reise, die uns über drei Wochen lang in einige der schönsten Orte der Normandie und Bretagne und zum Abschluss nach Paris führte. Nach über 3900 km mit unserem kleinen T.E.C. am Haken sind wir mit prall gefüllten Foto-Speicherkarten im Gepäck wieder daheim. Nun wollen wir unsere Reisenotizen und die vielen Fotos sichten und ordnen, um die Besucher unserer Website an unserer Tour teilhaben zu lassen. Wie schon auf unserer Willkommenseite erwähnt, stellen solche Berichte immer eine Gratwanderung dar, weil wir unsere Leser oft an Orte mitnehmen, die man eigentlich als Privatsphäre bezeichnet. Bitte einsteigen, anschnallen - es geht los!

 

Fast ein "500-km-Ritt"

Freitag, 7. Juni (1. Tag)

Oschersleben - Aachen (488 km)

Unser Start in den mit großer Vorfreude bedachten Besuch der Grande Nation erfolgt etwas früher als erwartet, weil die Muddi von ihrem Chef schon kurz nach zehn Uhr aus der Apotheke in den wohlverdienten Jahresurlaub entlassen wird. Somit sind wir schon eine gute Stunde später auf der Autobahn in Richtung Westen und kommen zunächst auf der A 2 und später auf der A 1 bis in den Großraum Köln trotz des regen Verkehrs am Freitag Nachmittag gut voran. Der erste Stau, der uns erst kurz vor Schwerte erwischt, ist auch nicht so doll, wie von Fräulein Navi und vom Verkehrsfunk angekündigt. Hinter Köln geht es dann auf der A 4 schnurstracks auf Aachen zu, wo wir nach einem fast 500-km-Ritt kurz nach 18 Uhr wohlbehalten ankomme.

 

 

Schöfferhofer am Abend

 

Auch der Campingplatz am Brandenhofer Weg im Stadtteil Burtscheid ist schnell gefunden. Obwohl der vorwiegend von Wohnmobilen sehr gut besucht Platz rappelvoll ist, finden wir recht schnell noch ein Plätzchen, für das 15 Euro pro Nacht zu löhnen sind. Das kleine Sanitärgebäude im Eingangsbereich verfügt für Weib- und Männlein jeweils über einen kleinen Waschraum mit jeweils nur einer Dusche und Toilette, sowie Abwasch- und Entsorgungsbecken im Außenbereich. Da braucht es schon etwas Glück und Geduld, um mal schnell für einen Euro unter die Dusche oder gratis aufs Töpfchen hüpfen zu können. Da wir hier nur zweimal übernachten wollen, wird nur das Sonnensegel in die Kederleiste gezogen. Wahrscheinlich letztmalig auf unserer Tour können wir uns via DVB-T rund 30 Sender in unseren Bordfernseher holen. Nach dem Abendbrot vergeht die Zeit bis zum Schlafengehen bei zwei Schöfferhofer Weizen für mich und einem Kirschporter für die Muddi sowie zwei von ihr gewonnenen Runden Skipbo recht schnell. Eine Stunde vor Mitternacht geht es dann in die Kojen. Für morgen steht ein Stadtrundgang durch die alte Kaiserstadt auf dem Programm, denn in dieser westlichsten Ecke Deutschlands waren wir noch nie.

 

 

Stadtbummel in Aachen

Sonnabend, 8. Juni (2. Tag)

Kurz nach sieben Uhr werden wir von schönster Morgensonne geweckt. Nachdem die Muddi ihre Aufgabe als Brötchenholerin vom Dienst erfolgreich absolviert und ich den Kaffee gekocht habe, steht einem ausgiebigen Frühstück nichts mehr im Wege. Kurz danach macht der Platzwart, ein gebürtiger Thüringer aus Nordhausen, seine Runde und uns um 30 Euro leichter. Das ist aber nicht die einzige Ausgabe an diesem Tag. Gilt es doch, die defekte Förderpumpe unserer Wasserversorgung im Wohnwagen auszutauschen und für die Muddi die längst versprochene Beinverlängerung für ihren nagelneuen Westfield-Stuhl zu erstehen. Beides bekommen wir nach längerem Suchen letztendlich im Gewerbegebiet am Aachener Kreuz bei einem gut sortierten Wohnmobil- und Caravan-Händler, nachdem wir zuvor schon vergeblich einige Baumärkte abgeklappert haben. Anschließend lassen wir uns von Fräulein Navi in die Aachener Altstadt führen. Dabei geraten wir mit unserem Auto allerdings etwas zu weit in die Fußgängerzone und können gerade noch vor den auf dem Marktplatz aufgestellten Tischen und Stühlen eines Cafés in zweieinhalb bis drei Zügen wenden, bevor unser kleines Verkehrsvergehen von einem Mitglied der uniformierten Trachtengruppe bemerkt wird.

 

 

Mittagessen im Hanswurst

 

In Anbetracht der prekären Parkplatzsituation in der Aachener Innenstadt müssen wir wohl oder übel wieder raus aus dem Zentrum und finden letztendlich eine Parkmöglichkeit am Blücherplatz. Von hier aus machen wir uns zu Fuß auf den Weg zum weltberühmten Kaiserdom. Bevor wir uns aber zur Besichtigung desselben anschicken, essen wir noch recht komfortabel im “Hanswurst", einer Aachener Szene-Kneipe, zu Mittag. Nach der Dombesichtigung und dem anstrengendem Auf und Ab durch die Altstadt, einem Kaffee hier und einem Eis dort, verlieren wir etwas die Orientierung und können die grobe Richtung nur erahnen, in der wir unser Auto abgestellt haben. Da kam das Angebot eines hilfsbereiten und freundlichen Irakers zumindest mir gerade recht, uns mit seinem Auto zum etwa 2,5 km entfernten Blücherplatz chauffieren zu wollen.

 

 

Alles o.k. in  Bad und WC 

 

Am Campingplatz angekommen, ist die neue Wasserpumpe schnell eingebaut und in Bad und WC ist wieder alles o.k. Danach liegen wir noch ein Stündchen faul in der Abendsonne. Nach dem Abendbrot spielen wir wieder zwei Runden Skipbo, die diesmal aber beide an den Reiseleiter gehen. Etwas Fernsehen vor dem Schlafengehen runden diesen rundum schönen und erlebnisreichen zweiten Urlaubstag in der Kaiserstadt Aachen ab. Morgen wollen wir den Belgien-Transit unter die Reifen nehmen und in Frankreich zunächst in Neufchatel-en-bray einen Zwischenstopp einlegen, um tags darauf in Fécamp die Kanalküste zu erreichen.

 

 

Auf der belgischen Autobahn

Sonntag, 9. Juni (3. Tag)

Aachen - Neufchatel-en-bray (406 km)

 Bei wolkenverhangenem Himmel packen wir unsere Sachen und sind bereits gegen neun Uhr abfahrbereit. Der Weg aus Aachen hinaus ist gut ausgeschildert und auch der Transit durch Belgien verläuft bei zwar kühler und anfangs regnerischer Witterung problemlos. Neben dem Regen haben wir aber über weite Strecken mit der miserablen Qualität der belgischen Autobahn zu kämpfen. Man muss auf manchen Abschnitten höllisch aufpassen, um nicht durch die zahlreichen Schlaglöcher zu donnern. Vielleicht sind diese Schlaglöcher aber der Grund dafür, dass nachts die belgischen Autobahnen durchgängig beleuchtet sind. In Sachen Sanierung bzw. Neubau scheint sich aber einiges zu tun, zumindest lassen die vielen Baustellen in der Gegenrichtung darauf schließen. Dennoch kommen wir vorbei an Liége (Lüttich) und Namur gut voran, legen kurz vor Mons auf einem großen Autobahn-Rasthof eine Mittagspause ein.

 

 

Zur Kasse bitte

 

Gegen 14 Uhr passieren wir die belgisch-französische Grenze. In Frankreich fahren wir zunächst ausnahmslos auf der Autobahn, wo wir zwischen Hordain und Cambrai erstmals zur Kasse gebeten werden. Nach einschlägigen Erfahrungen auf Italiens Autobahnen sind wir erstmals mit einer Liber-t Box von Tolltickets auf Tour, die wir uns kurz vor Urlaubsbeginn über das Internet bestellt haben. So können wir Nonstop die mit dem orangenen t (für Telepeage) gekennzeichneten Mautstationen passieren. Wir fahren einfach mit Tempo 30 auf die Schranke zu, die sich nach einem kurzen piep öffnet. Um der Wahrheit die Ehre zu geben: so richtig trauen wir dem Ding anfangs nicht und fahren sicherheitshalber im Schritttempo und gaaaaaanz langsam auf die Schranke zu, die uns aber dann einen knappen Meter vor der Stoßstange den Weg frei gibt. Die paar auf diese bequeme Art und Weise passierten Mautstationen auf der A 2 und A 28 sind aber auch schon alles, was für etwas Abwechslung auf den ansonsten stinklangweiligen und fast leeren Autobahnen sorgt.

 

Mautstation bei Cambrai

 

Zwischenstop in Neufchatel

 

Kurz vor sechs Uhr holt uns Fräulein Navi dann endlich von der Autobahn und geleitet uns zum als Tagesziel erkorenen Campingplatz Saint Claire  in Neufchatel-en-brains. Hier haben wir trotz Vorsaison das Glück, noch einen der letzten Stellplätze zu ergattern. Kurz nach unserer Ankunft ziert nämlich das aussagekräftige Hinweisschild "complet" die CP-Einfahrt, weil ein ganzes Rudel Engländer von den Fähren in Calais oder Dieppe kommend hier die erste Pause auf dem Festland mit ihren Wohnwagen oder Wohnmobilen einlegt. Der CP "Saint Claire" war einst ein großer Bauernhof, bis dann der Bauer Pferd und Wagen verkaufte, seine Landwirtschaft an den Nagel hing und das große Grundstück an dem munter dahin plätschernden Bächlein in einen aus unserer Sicht ganz tollen Campingplatz verwandelte. Für unseren Zwischenstopp auf der Fahrt zum Meer meinen wir, kaum etwas Besseres finden zu können, auch wenn wir zwischen den gefühlten 100 Engländern und Niederländern scheinbar die einzigen Deutschen sind. Mit 12,80 Euro für eine etwa 100 Quadratmeter große Parzelle mit Wimbledon-Rasen liegt der Platz auch preislich am unteren Level. Sogar Internet gibt es - kostet aber einen Euro pro Stunde. Allerdings will es bei uns trotz mehrmaliger Benutzer- und Passworteingabe nicht so recht mit dem Login in das Netzwerk des Platzes klappen. Außerdem wird es abends empfindlich kühl, so dass wir vor dem Schlafengehen sogar mal kurz die Truma im Wohni aufdrehen, bevor wir uns in das Reich der Träume verabschieden.

 

 

Tankprobleme

Montag, 10. Juni (4. Tag)

Neufchatel-en-bray - Fécamp (90 km)

Auch dieser Tag beginnt zumindest witterungsmäßig recht unfreundlich. Nach dem Frühstück nehmen wir unseren Wohni an den Haken und fahren zunächst zur etwa 400 Meter entfernten Billig-Tanke am E.Leclerc-Marché. Hier lassen wir unseren "Silberpfeil" für günstige 1,27 Euro pro Liter voll laufen. Allerdings erst, nachdem uns eine hilfsbereite Dame etwas beim Automaten-Tanken behilflich ist. Die DKB-Visa-Card funzt nämlich nicht, worüber mich die Stimme aus dem Tank-Automaten immer wieder zu informieren versucht. Natürlich in französisch und da sind unsere Sprachkenntnisse mehr als mangelhaft. Dass es dann mit der Sparkassen-Card besser geht, soll daran gelegen haben, dass der Automat die erste Karte nicht richtig lesen konnte, vielleicht habe ich sie auch falsch herum eingesteckt, versucht mir die hilfreiche Madame verständlich zu machen. Egal, was auch immer, letztendlich sind für 50 Euro etliche Liter Gazole gerüsselt.

 

 

Stellplatz mit Meerblick

 

Die Fahrt an die Kanalküste verläuft zunächst über die Autobahn A 28 in Richtung Le Havre und dann über kleinere Landstraßen bis nach Fécamp, dem heutigen Tagesziel, recht unspektakulär. Bevor wir aber den idyllisch am Steilufer gelegenen Campingplatz Municipal de Reneville erreichen, müssen wir erst wegen umfangreicher Straßenbaumaßnahmen im Zentrum der Stadt und einem reichlich desorientierten Navi eine Rundfahrt durch die verdammt engen Gassen der Altstadt bewältigen. Leute, was für eine Kutscherei mit dem Wohni am Haken, manchmal wird es mächtig eng. Aber Dank einer hilfsbereiten Inhaberin eines Souvenirgeschäftes, die unsere im wahrsten Sinne des Wortes verfahrene Situation beobachtet, werden wir doch noch auf den richtigen Weg gebracht. Und der geht hoch hinauf zum Campingplatz. Hier werden wir für unsere mühsame Kutscherei durch Fécamps enge Gassen mit einem tollen Stellplatz mit ebenso tollem Meerblick entschädigt.

 

 

Hoch über dem Atlantik

 

Und als dann auch noch das Wetter zusehends besser wird und die Sonne vom Himmel lacht, dass es eine Freude ist, stellte ich erstmals auch bei uns so etwas wie Urlaubs-Feeling ein. Während ich die notwendigen Aufbauarbeiten in Angriff nehme, ist die Muddi dabei, uns aus der Bordküche eine deftige Linsensuppe mit Bockwurst zuzubereiten. Dazu gibt es noch Schokopudding vom Feinkost-Albrecht - Camperherz, was willst du mehr......

Von unserem Stellplatz im oberen Teil des Campingplatzes haben wir einen gigantischen Blick über das Meer. Im Laufe des Tages machen wir uns noch mit den sanitären Gegebenheiten vertraut und sind der Meinung, es mit diesem Platz hoch über dem Atlantik gut getroffen zu haben. Ein Fakt, der am Abend erstmal mit einer Flasche Heimat-Sekt (Rotkäppchen halbtrocken) begossen wird.

 

 

Dieppe im Regen

 

Dienstag, 11. Juni (5. Tag)

Der gigantische Blick aufs Meer am frühen Morgen wird anfangs etwas getrübt, weil von der Sonne weit und breit nichts zu sehen ist und stattdessen leichter Nieselregen auf das Wohnwagendach tröpfelt. Für uns eine gute Gelegenheit, mal alle Viere gerade sein zu lassen und bis kurz nach 9.30 Uhr zu pennen. Dadurch wird es auch mit dem Frühstück etwas später. Danach beschließen wir, mit dem Auto eine Spritztour in die nähere Umgebung zu machen. Wir fahren zunächst immer in Küstennähe durch malerische Dörfer in Richtung Norden und erreichen nach einer Stunde Fahrtzeit Dieppe. Lt. Velbinger, unserem Reiseführer, soll die Stadt ein beliebter und in der Hauptsaison gut besuchter Badeort sein. Unser Eindruck fiel nicht ganz so positiv aus, zumal unser Bummel auf der Strandpromenade von einem heftigen Regenschauer begleitet wurde. Dennoch können wir uns sehr gut vorstellen, dass hier in der Hauptsaison der Bär steppt.

 

 

Café to go in Fécamp

 

Auf dem Rückweg machen wir noch einen Abstecher nach Veules-les-Roses, einem kleinen Ort unmittelbar am Meer, ca. 10 Km vor Fécamp. Der von Insidern hoch gelobte Ort wird uns wegen seiner regen Straßenbauarbeiten allerdings ebenfalls in nicht allzu guter Erinnerung bleiben. Wir sind jedenfalls froh, unseren Wohnwagen nicht am Haken zu haben und unbeschadet aus dem Baustellen-Gewusel wieder herauszukommen, während sich einige Wohnmobilisten auf der engen Hauptstraße im Wenden in zweiunddreißig und noch mehr Zügen üben. Wir fahren mit dem Vorsatz weiter, an der Fécamper Strandpromenade den längst fälligen Kaffee und das gewünschte Mandel-Croissant einzunehmen. Das klappt zwar nicht ganz so, wie wir uns das vorstellen, weil es in der Boulangerie & Patisserie am Hafen nur einfache Croissants und "Café to go" aus profanen Pappbechern gibt. Naja, vielleicht können wir beim nächsten Mal unseren Nachmittagskaffee in etwas gediegener Form einnehmen.

 

 

Die erste Flasche Cidre

 

Wir bummeln noch ein bisschen durch die Stadt - kaufen in Rosalies Souvenir-Shop (die nette Dame, die uns gestern den Weg zum Campingplatz gezeigt hat), ein paar Ansichtskarten und in einem kleinen Supermarkt noch einige Kleinigkeiten zum Essen sowie flüssige Grundnahrungsmittel. Im Camp zurück, treffen den Entschluss, noch einen Tag länger auf diesem traumhaft schönen Platz mit dem fantastischen Meerblick zu bleiben. Abends probieren wir unsere erste Flasche Cidre (deux) und sind schon nach dem ersten Gläschen einer Meinung, in den kommenden Urlaubstagen bei unseren trockenen Weinen aus dem "Bord-Weinkeller" zu bleiben. Dafür schmecken uns die gegrillten Bratwürste mit Bärlauch vom heimischen Schlachter umso besser. Satt und rundum zufrieden genießen wir noch bis 23 Uhr den tollen Ausblick auf das Meer.

 

 

Spritztour nach Etretat

 

Mittwoch, 12. Juni (6. Tag)

Der Tag beginnt recht trist. Die Sonne scheint gegen die vom Meer in Richtung Festland ziehenden Wolken keine Chance zu haben. Auch die Temperaturen um die 15 Grad sind für Mitte Juni reichlich kühl. Getreu unserem Vorsatz, uns vom Wetter nicht irritieren zu lassen, brechen wir nach dem Frühstück zu einem Ausflug nach Etretat auf. Nach einer Fahrt mit dem Auto entlang der Küste über Yport und Vattentot-sur-Mer parken wir in Etretrat unmittelbar vor der Strandpromenade auf einem kostenpflichtigen Parkplatz. Bei der Wahl zwischen dem von meiner Beifahrerin favorisierten Bummel durch den Ort oder dem beschwerliche Aufstieg auf das Steilufer entscheiden wir uns zunächst für das Steilufer. "Das schaffst Du sowieso nicht", macht die Muddi ihrem Unmut schon nach den ersten Treppenstufen Luft, weil sie scheinbar zuerst lieber durch die zahlreichen Geschäfte gelustwandelt wäre....

 

 

Beschwerlicher Aufstieg

 

Aber als Reiseleiter muss man sich auch mal durchsetzen können und gegebenenfalls die A….backen zusammenkneifen, auch wenn man schon nach den ersten 100 Stufen etwas aus der Puste kommt. "Kleinbeigeben" gilt da natürlich nicht und so finden wir uns nach einer kurzen Verschnaufpause unter den Menschenmassen wieder, die mit uns den beschwerlichen Aufstieg hinauf zum Steilufer in Angriff nehmen. Nach mehreren Zwischen- bzw. Fotostopps erreichen auch wir das Hochplateau, von hier aus haben wir einen fantastischen Ausblick auf Etrerat und auf das Meer mit den berühmten Felsnadeln an der hier mächtig zerklüfteten Steilküste. Bei diesem tollen Ausblick herrscht schon alsbald wieder Einvernehmlichkeit in unserer zweiköpfigen Reisegruppe.

 

 

Ein Sturm zieht auf

 

Wieder wohlbehalten unten angekommen, werden von der Muddi zunächst noch eine Reihe von Geschäften in der Ortsmitte abgeklappert, bevor wir nach Fécamp zurück fahren. Hier lassen wir uns vor einer kleinen Patisserie am Markt die geliebten Mandel-Croissants und den petit Café schmecken. Für den Abend indes decken wir uns mit Baguetts, Rotwein und Käse ein, um alles an unserem Logenplatz im Camp genüsslich zu verzehren. Am Platz angekommen meint es die Sonne trotz des böigen Windes noch mal gut mit uns, so dass sogar noch ein kleines Sonnenbad genommen werden kann. Im Laufe des Tages entwickelt sich aber die anfangs kräftige Brise zu einem handfesten Sturm. Obwohl der Wind mächtig an unserem Sonnensegel rüttelt, hauen wir uns unbesorgt gegen 23 Uhr in die Kojen. Weil aber der Sturm über Nacht dermaßen zunimmt und sogar unseren kleinen Wohnwagen ein bisserl ins Wackeln gebracht haben soll (wie die Muddi glaubt, bemerkt zu haben), gehen wir auf Nummer sicher und bauen das Sonnensegel doch noch ab.
Morgen heißt es leider Abschied zu nehmen von Fécamp und dem tollen Logenplatz im Camping de Reneville. Wir hätten hier ohne weiteres noch ein paar Tage länger stehen können, aber die Reiselust treibt uns "gnadenlos" voran. Unser nächstes Ziel ist Honfleur, ein idyllisches Städtchen an der Seinemündung, Le Havre vis a vis....

 

 

Über die Pont de Normandie

Donnerstag, 13. Juni (7. Tag)

Gegen acht Uhr beginnen wir mit dem Abbau und verlassen gegen 10 Uhr mit etwas Wehmut unseren schönen Stellplatz, auf dem wir drei ebenso schöne Tage verbracht haben, wofür wir die fälligen 48,60 Euro gern bei dem netten Herren in der Rezeption zahlen. Zunächst fahren wir über einige kleine Dörfer und gelangen schließlich kurz vor Le Havre auf die mautpflichtige A 29. In der Mautstation macht es bei der Durchfahrt unter dem orangenen t nur kurz "piep" und nonstop geht's weiter.

Erstes Highlight des Tages ist ohne Zweifel die Fahrt auf der Pont de Normandie über die Seine. Es ist schon ein imposanter Anblick, wenn man diese ingenieurtechnische Meisterleistung unmittelbar vor sich sieht. Unser Dieselchen schnurrt die beachtliche Steigung bis zum höchsten Punkt der Brücke problemlos hinauf und überholt sogar, so lange die Fahrbahn noch zweispurig ist, einige Busse und LKW. Dann geht es schon wieder bergab und nach nur 52 km sind wir bereits in Honfleur.

 

Mautstation vor der Pont de Normandie

 

Camping "Du Phare" 

 

Den uns von unseren Essener Nachbarn in Fècamp empfohlenen Campingplatz direkt in Honfleur erreichen wir, wiederum nach einer aus Sicht der Beifahrerin, recht abenteuerlichen Fahrt durch die engen Gassen der Stadt. Der Empfang durch die Inhaberin des Campingplatzes "Du Phare" gestaltet sich auf Grund der Sprachbarrieren recht kompliziert, denn auch mit dem Englischen war es bei der Empfangs-Dame nicht weit her. Mit 20,10 Euro inklusive Dusche und Strom löhnen wir zwar etwas mehr als bisher (unser ACSI-Card-Rabatt greift hier nicht), obwohl es mit den sanitären Anlagen nicht so gut bestellt ist wie in Fécamp.
Dennoch finden wir es hier für nur eine Nacht ganz nett, besonders nachdem uns Madame höchst persönlich zu unserem Stellplatz führt. Dort richten wir uns recht schnell häuslich ein. Das ist auch gut so, denn der Himmel öffnete mal wieder seine Schleusen. Gegen 14 Uhr lässt der Regen nach, so dass unserem geplanten Stadtbummel durch das schöne Honfleur nichts mehr im Weg steht.

 

 

Stadtbummel durch Honfleur

 

Wir schlendern durch die engen Straßen von Honfleur, in denen sich Geschäft an Geschäft und Atelier an Atelier drängt. Das Preisniveau in dem schicken Städtchen, in dem es von Touristen nur so wimmelt, hat es in sich. Das merkt besonders die Muddi, als sie sich in einer "Chocolaterie" zwölf selbst ausgesuchte Pralinen gönnt, für die sie stolze 7,37 Euro über den Ladentresen schieben darf. Noch etwas mehr sind für zwei Tassen Kaffee fällig, die wir uns in einem Straßencafé am Hafen bestellen und für die letztendlich 8,80 Euro zu zahlen sind. Für diesen stolzen Preis nehmen wir uns das Recht, weit über eine Stunde die beiden Plätze in vorderer Reihe des schicken Cafés "zu blockieren". Zumal nun auch wieder die Sonne vom blauen Himmel lacht und wir von unseren Stühlen aus das geschäftige Treiben am Hafen mit Interesse beobachten können. Das unerwartete Wiedersehen mit unserem Camper-Paar aus Essen, die schon einen Tag früher aus Fecamp hier anreisten, wird mit beidseitiger Freude registriert. Die Muddi freut sich wie Bolle über einige Runden auf dem nostalgischen Karussell am Hafen, wo sie sich hoch zu Ross einen längst vergessenen Kindertraum verwirklicht.

 

 

An der Seinemündung

 

Danach führt uns ein Spaziergang in die gepflegten Parkanlagen von Honfleur, wo wir an einigen Fitness-Geräten etwas für unsere Körperertüchtigung tun und uns dafür ganz spontan mit den teuer erstandenen Pralinen belohnen. Danach spazieren wir hinaus bis zur Seinemündung und haben dabei einen tollen Blick auf die Pont de Normandie. Der anfangs etwas regnerische, aber später so schöne Tag klingt wieder einmal mit einem Abendbrot á la France aus, will heißen mit einem Baguette, gutem Camembert und Rotwein. Zum Abschluss gibt's statt der zwei Skipbo-Runden noch ein bisserl Fernsehen, wobei wir zwischen dem deutschsprachigen Arte-Kanal (über DVB-T) und unserer mitgeführten DVD-Sammlung wählen können.
In diesem Zusammenhang wird es aber Zeit, sich hinsichtlich unseres DVD-Angebots zu outen: Wir haben nämlich alle 48 bisherigen Folgen der NDR-Kultserie "Neues aus Büttenwarder" an Bord. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt! Wir entscheiden uns für "Büttenwarder" und haben unseren Spaß an der Bauernschläue von Jan Fedder als Kurt Brakelmann und Peter Heinrich Brix als sein Kumpel Ardsche. Zur Nachtruhe begeben wir uns erst kurz nach Mitternacht.

 

 

Von Honfleur nach Pontorson

 Freitag, 14. Juni (8. Tag)

Der Abbau wird allmählich zur Routine, wie immer ist alles schnell verpackt und schon haben wir unser kleines Schneckenhaus wieder am Haken und sind früher als geplant auf der Piste. Das ist auch gut so, denn vor uns liegen heute über 200 km bis zum Le Mont Saint Michel, unserer letzten Station in der Normandie. Dass wir dabei einen kleinen Umweg fahren, um einen Zwischenstopp an den Landungsstränden der alliierten Truppen im zweiten Weltkrieg einzulegen, ist eigentlich noch gar nicht einvernehmlich abgesprochen. Der Exkurs in die Geschichte findet anfangs nicht unbedingt die Zustimmung der Muddi. Weil wir aber fernab der Autobahn A 13 stets über kleine und kleinste Landstraßen so nahe wie möglich an der Küste fahren, entwickelt sich diese Etappe über 200 Kilometer zu einer herrlichen Sightseeing-Tour.

 

 

An geschichtsträchtigem Ort

 

Gegen Mittag haben wir etwa 90 km hinter uns gebracht und Arromanches-les-Bains über die Seebäder Deauville, Villers-sur-Mer, Houlgate, Carbour, Luc-sur-Mer und Corseulles-sur-Mer erreicht. Unterwegs nutzen wir die Gelegenheit, uns an einem Verkaufsstand am Straßenrand mit frischem Obst einzudecken. Immer wieder sind wir vom Blick aufs Meer mit seinen schneeweißen Stränden fasziniert. Freunde, wenn ihr einmal in diese Gegend kommt, dann fahrt diese Strecke! Allerdings mag es in der Hauptsaison, wenn hier halb Frankreich in die großen und kleinen Seebäder einfällt, verkehrsmäßig ein bisserl enger werden. Arromanches-les-bains ist scheinbar hauptsächlich auf britische Touristen eingestellt, die Fahnen des United Kingdom wehen jedenfalls in der Mehrzahl in der Hauptgeschäftsstraße des kleinen Ortes. Dies mag der Tatsache geschuldet sein, dass hier nach der Landung am 6. Juni 1944 (D-Day) vor der Küste einer der beiden künstlichen Häfen Mulberry B gebaut wurde, über den Truppen und Nachschub an Land gebracht wurden. Bei den alliierten Landungen lag Arromanches-les-bains im Landeabschnitt Gold Beach. Bevor wir uns ins Museum begeben, meint die Muddi mit dem Kauf einer roten Wetterjacke für den Reiseleiter ein besonderes Schnäppchen gemacht zu haben.

 

 

Im Musee Du Débarquement

 

An kaum einem anderen Ort wie im Musee Du Débarquement von Arromanches-les-bains kann man die Kriegsereignisse vom 6. Juni 1944 besser nachvollziehen, als den Alliierten der verlustreiche aber am Ende doch erfolgreiche Angriff auf die deutschen Truppen am Atlantikwall gelang. Für uns Deutsche ein Erlebnis der besonderen Art, zumal sich schon im Eingangsbereich des Museums ein gewisses Schuldgefühl einstellt. Unsere Nachfrage nach Audioguides in deutscher Sprache wird an der Rezeption zunächst wortlos verneint, die gibt es aber dann doch noch im kleinen Kinosaal des Hauses. Während unseres Rundgangs werden uns an mehreren großen Schaukästen und anhand zweier Filme jene kriegsentscheidenden Ereignisse anschaulich vor Augen geführt.

 

 

Zurück in der Gegenwart

 

Zurück in der Gegenwart erinnert uns erstmal ein leises Hungergefühl daran, heute noch nicht allzu viel gegessen zu haben. Mit zwei großen Portionen Fritten wird diesem Misstand schnell Abhilfe verschafft. Zurück am Wohnwagen nehmen wir zunächst Kurs auf Bayeux, wo wir an der Billig-Tanke vom Super Marché E.Leclerc zunächst für 1,27 Euro Gazole rüsseln und uns dann im Supermarkt mit Lebensmitteln für die zweite Urlaubswoche eindecken. Danach rollen wir recht komfortabel und vor allem mautfrei auf der Autobahn A 84 in Richtung Le Monte Saint Michel zu. Gegen 18 Uhr checken wir auf dem Campingplatz "Haliotis" in Pontorson ein. Auf diesem vom Le Monte Saint Michel nur 9 km entfernten Platz fehlt es an nichts. Fast scheint uns der Platz mit nur drei Sternen unterbewertet, denn alles ist vom Feinsten und blitzsauber. Die Nachbarn auf unserem Campbereich kommen aus den Niederlanden und Belgien, wobei wir uns besonders mit dem belgischen, etwa gleichaltrigen Ehepaar, etwas anfreunden, zumal die Muddi die stark erkältete Frau aus unserer gut sortierten Bord-Apotheke "fachfraulich" verarzten kann.

 

Zum Le Mont Saint Michel

Sonnabend, 15. Juni (9. Tag)

Der Tag lässt sich witterungsmäßig sehr gut an. Schon zum Frühstück scheint uns die Sonne auf den von der Muddi liebevoll gedeckten Frühstückstisch. Kinder, wie geht's uns doch gut - manchmal möchte man diese schönen Momente festhalten. Doch daran ist heute nicht zu denken, weil wir heute viel vorhaben. Als erstes werden die Fahrräder einsatzbereit gemacht, denn auf dem Tagesplan steht die Radtour zum 9 Kilometer entfernten Le Mont Saint Michel. Als wir mit den Rädern auf den direkt am Campingplatz vorbeiführenden Radweg einbiegen, ist die Silhouette der pyramidenförmigen Klosteranlage auf dem 75 Meter hohen Granitfelsen im Atlantik schon von weitem zu sehen und gibt uns die Richtung entlang des Couesnon, dem Grenzfluss zwischen der Normandie und der Bretagne, klar vor.

 

 

Auf der Grande Rue nach oben

 

Am Klosterberg angekommen, versuchen wir unsere Räder, einschließlich Gepäck so sicher wie möglich anzuschließen und stürzen uns dann, gemeinsam mit einer noch überschaubaren Anzahl von Besuchern in das Gedränge vor dem heiligen Berg. In der schmalen, stets ansteigenden Gasse, ist alles dem Konsum untergeordnet. Geschäft drängt sich an Geschäft und Restaurant an Restaurant. Schritt für Schritt, bzw. Stufe für Stufe "kämpfen" wir uns auf der kleinen "Grande Rue" nach oben. Die Empfehlung eines Camperfreundes aus dem Tabbertforum, gleich links hinter dem Haupteingang eine kleine Treppe zu nehmen, um dem Gewusel auf der rappelvollen Gasse zu entgehen, trifft zumindest bei der Muddi auf wenig Gegenliebe. Sie unterliegt mal wieder ihrem scheinbar unwiderstehlichen Drang, Geschäfterl auf Geschäfterl abklappern zu müssen. Erfahrungsgemäß wird immer irgendwas auf diese Art und Weise gekauft, diesmal ist es nur ein kleines T-Shirt für den vor zwei Tagen geborenen Sohnemann unserer Großnichte in Potsdam. Dazu noch ein paar Ansichtskarten, damit die Lieben daheim auch wissen, dass wir tatsächlich hier sind.

 

 

Einladung zum Abendmahl

 

Dann geht's weiter hinein bzw, hinauf in die weitläufige Klosteranlage. Am Eingang zur Abtei werden wir vom Aufsichtspersonal ohne den sonst üblichen Eintritt von 7 Euro p. P. zu bezahlen freundlich durchgewinkt. Wie wir später erfahren, hat man sich damit einem Warnstreik in der Touristik-Branche solidarisch zeigen wollen. Gegen 12 Uhr sind wir dann tatsächlich ganz oben angelangt und haben das Glück der täglich (außer montags) gegen Mittag stattfindenden Eucharistiefeier (Abendmahl) beiwohnen zu dürfen. Seit 2001 leben hier oben Ordensleute der Gemeinschaften von Jerusalem. Deren Einladung zum Abendmahl lassen wir aus, weil uns diese freikirchliche Gemeinschaft etwas fremd ist. Trotzdem ist es für uns ein ergreifender Moment, der besonders beim Gesang der Gläubigen (wenn der auch mehr oder weniger vom Tonband unterstützt wird) etwas unter die Haut geht. Aus den fast himmlischen Sphären steigen wir dann wieder hinab in den irdischen Trubel und lassen uns in einem der Klostergärten unseren Reiseproviant schmecken. Der Trubel am Berg scheint in den frühen Nachmittagsstunden noch um einiges zuzunehmen, denn unten am Eingang wird eine Busladung Touris nach der anderen abgekippt. Wir sind froh, unsere Räder einschließlich Gepäck in dem Gedränge am Eingangsbereich wieder zu finden und machen uns frohgemut auf den Heimweg.

 

 

Gegenwind und Radpanne

 

Dabei haben wir allerdings die Rechnung ohne den Gegenwind gemacht, der uns vom Land her kräftig entgegen bläst. Dennoch sind wir, trotz einer kleinen Radpanne auf halber Strecke, nach einer guten Stunde zurück auf dem Campingplatz. Wir nehmen schnell eine Dusche und stürzen uns dann in den wohl temperierten Pool der mondänen Campinganlage. Zurück am Wohni lassen wir uns nicht nur das Abendbrot, sondern auch einen guten Tropfen trockenen Weißwein schmecken. Neuerdings nicht mehr aus der Flasche, sondern aus der vorteilhaften Drei-Liter-Vorratspackung aus dem Supermarkt.... Nach zwei Runden Skipbo gibt's dann noch Fernsehen per DVB-T - zunächst nur den deutschsprachigen Arte-Kanal, der leider keine Nachrichten bringt. Zum Abschluss des Tages kommen wieder Jan Fedder und Peter-Heinrich Brix aus Büttenwarder zu ihrem Recht!

 

 

Von der Normandie in die Bretagne

 Sonntag, 16. Juni (10. Tag)

Pontorson - Frehel (80 km)

Nach einer erlebnisreichen Woche verlassen wir heute die Normandie, um morgen in der Bretagne neue Ziele anzusteuern. Wir werden über St. Malo weiter in Richtung Kap Frehel fahren und hoffen auf dem Camping Municipal du Pont de l'Etang bei Pleherel-Plage einen schönen Stellplatz am Meer zu finden. Der Abbau auf dem CP Haliotis verläuft reibungslos wie immer. Gegen neun Uhr verabschieden sich unsere belgischen Nachbarn von uns und kurz nach zehn Uhr verlassen auch wir den schönen Platz. Während wir auf der vierspurigen Nationalstraße N 176 locker dahin gleiten, grüßt der Le Mont Saint Michel noch einmal aus der Ferne. Über uns ziehen dichte Wolken hinweg und die Einreise in die Bretagne passt sich zusehends der augenblickliche Wetterlage an. Das Thermometer hat Mühe, die 15-Grad-Grenze zu erreichen und vom Himmel ergießt sich ein satter Regen über das Land. Ein Land, das sich nun völlig anders als die Normandie präsentiert.

 

 

Stellplatz wie aus dem Bilderbuch

 

Wir sind im Département Cótes-d'Armor beschließen zunächst, Saint Malo erst morgen oder übermorgen bei hoffentlich besserem Wetter einen Besuch abstatten zu können. Dann nehmen wir Kurs auf das Kap Frehel und erreichen über Ploubalay und Matignon bereits kurz vor Mittag unser Tagesziel, den Camping Municipal du Pont de l'Etang bei Pléhérel. Das Einchecken verläuft trotz anfänglicher Verständigungsprobleme recht einfach. Zu unserer Freude hat es inzwischen auch aufgehört zu regnen und vereinzelt geben die Wolken sogar einen Blick auf das Himmelsblau frei. Wir stellen unser Gespann zunächst an einer zentralen Stelle des riesigen Platzes ab und machen uns per Pedes auf die Suche nach einem strandnahen Stellplatz. Der ist schon nach kurzer Zeit gefunden. Es ist ein Platz wie aus dem Bilderbuch, weil wir über die vor uns liegende Düne einen herrlichen Blick auf das Meer haben. Dass dieser schöne Platz noch frei ist, mag allerdings mehr oder weniger der Entfernung von ca. 70 Metern zur nächsten Stromsäule geschuldet sein. Dank unserer zwei Kabeltrommeln von 50 Meter und 25 Metern ist das aber, obwohl elektrotechnisch etwas problematisch, machbar.

 

 

Am Rand der Erschöpfung

 

Etwas problematischer indes ist es, den Wohnwagen auf dem etwas sandigen und unebenen Gelände in Position zu bringen. Hier nehmen wir mit Freude die Hilfe dreier junger Damen aus Dortmund an, die nicht weit von uns ihr großes Zelt aufgeschlagen haben. Deren bescheidenen Wunsch, ihre Handys bei uns aufladen zu dürfen, erfüllen wir selbstverständlich gern und betrachten dies als Basis für eine "generationsübergreifende" gute Nachbarschaft. Erstmals auf unserer Tour entscheiden wir uns, für den geplanten dreitägigen Aufenthalt unser Reisevorzelt "Verona" vom holländischen Obelink aufzubauen. Meine Bedenken, das Vorzelt nicht wie die meisten Nachbarn auf der dem Meer abgewandten Seite aufzubauen, behalte ich für mich. Auf den schönen Ausblick auf den Atlantik wollen wir nicht verzichten und zurzeit ist es mit dem Wind auch nicht so doll. Nach dem Mittagessen (Kartoffelsuppe mit Wiener Würstchen) reißt der Himmel plötzlich auf, so dass wir uns noch etwas sonnen können. Dem einstündigen Sonnenbad schließt sich ein ausgiebiger Strand- und Platzrundgang, der aber die Muddi etwas unerwartet an den Rand der Erschöpfung bringt. Wir sind zwar mit einer Auslandskrankenversicherung unterwegs, aber auf deren Gebrauch möchten wir sehr gern verzichten. Nach einer kurzen Erholungsphase im Wohni scheint alles wieder o.k. zu sein.
Zum Abendbrot gibt es, wie schon an den Tagen zuvor, Baguette, Camembert und etwas Rotwein. Die anschließende Skibo-Runde bringt der Muddi wieder mal zwei Siege am Stück. Zwei Folgen "Büttewarder“ runden diesen schönen Tag ab.

 

 

Mit dem Auto nach Dinan

 Montag, 17. Juni (11. Tag)

Während unseres dreitägigen Aufenthalts stehen eine Auto und eine Fahrrad-Tour auf dem Programm. Heute wollen wir mit dem Auto eine Städte-Tour ins Landesinnere nach Dinan und danach wieder zurück an die Küste nach Saint Malo unternehmen. Die ca. 40 km bis Dinan bringen wir schnell hinter uns. Auch die Parkplatzsuche in der recht engen Innenstadt verläuft problemlos.

Beim Stadtrundgang halten wir uns an die von der Tourist-Info vorgeschlagene Route. Die Altstadt hat einiges zu bieten, wie beispielsweise die Kathedrale St. Malo. In dem im Stil der Gotik und Renaissance erbauten Gotteshaus bewundern wir nicht nur die kunstvoll gestalteten Kirchenfenster, sondern erholen uns auf den Kirchenbänken etwas von der Lauferei auf dem holprigen Straßenpflaster der Altstadt. Vor dem Aufenthalt in dem sakralen Kirchenbau lassen wir uns noch eine Kugel Eis a 2,20 Euro (!) schmecken. Ein Einkauf im örtlichen Lidl beendet vorzeitig den Besuch dieser Stadt, die sicher noch viel mehr zu bieten hat, als wir gesehen haben. Doch wir sind beide recht "pflastermüde" und deshalb froh, am frühen Nachmittag ohne den geplanten Abstecher nach Saint Malo wieder zurück auf unserem Campingplatz zu sein.

 

 

Toiletten in südländischer Ausführung

 

Zum Abend bringen recht schnell unseren Holzkohle-Grill auf Arbeitstemperatur, um ein paar Bratwürste zu grillen. Dazu gibt es ein Baguette und einen Rote-Bete-Salat - alles aus dem heutigen Lidl-Einkauf. Der Tag klingt aus mit einem trockenen Roten mit dem klangvollen Namen "Pays d' Hérault Rouge". Natürlich aus dem vorteilhaften Drei-Liter-Pappkarton vom Lidl. Den Weinkennern unter uns werden mit Sicherheit schon die Haare hinsichtlich unserer bevorzugten Weine zu Berge stehen.
Danach werden die Karten für die obligatorischen Skipbo-Runden gemischt. Als Revanche für die Schmach von gestern zeige ich diesmal meiner besseren Hälfte, wo der Frosch die Haare hat und gewinnt beide Runden. Ehrensache, dass im Wohni noch zwei der insgesamt 48 Folgen "Büttenwarder" geguckt werden. Wir sind zurzeit bei Folge 21 und 22, haben also noch reichlich Vorrat für die bevorstehenden Urlaubstage. Zu den sanitären Einrichtungen auf diesem Naturcampingplatz ist zu sagen, dass während unseres Aufenthalts nur zwei von mehreren Sanihäusern geöffnet sind. Die aber sind sauber und werden zweimal am Tag gereinigt. Während wir uns an die gemeinsame Nutzung derselben durch Weiblein und Männlein auf unserer bisherigen Reise längst gewöhnt haben, gibt es hier aber keine Sitztoiletten sondern nur die typisch südländische Ausführung…..

 

 

Radtour zum Kap Frehel

Dienstag, 18. Juni (12. Tag)

Nachdem wie bisher immer ausgiebigen Frühstück werden die Fahrräder für eine Tour zum Leuchtturm am Kap Frehel startklar gemacht. In Anbetracht der nur 5,5 km Entfernung bis dorthin hört sich das recht einfach an, aber das ständige Auf und Ab des parallel zur Straße D 34 verlaufenden Radweges geht uns "Flußradwegfahrern" ganz schön in die Knochen. Wir lassen es geruhsam angehen, schieben zwischenzeitlich unsere Drahtesel allzu große Steigungen hinauf und erreichen nach etwa einer dreiviertel Stunde den Leuchtturm am Kap Frehel. Mit uns sind jede Menge Wandersleute unterwegs, die den Fußweg entlang der Küste nehmen. Wir klettern ein bisserl auf den Klippen am Kap herum, machen einige Erinnerungsfotos und begeben uns nach etwa einer Stunde wieder auf den Rückweg. Unterwegs begegnet uns eine Gruppe junger Leute, die auf äußerst eigenwillig gebauten Fahrrädern für allgemeine Erheiterung sorgen. Nach dieser lustigen Begegnung statten wir dem nahe dem Kap Frehel gelegenen Campingplatz gleichen Namens einen Besuch ab. Dort ist allerdings absolut tote Hose, was uns bestätigt, mit unserem Campingplatz am Pléhérel-Plage die richtige Wahl getroffen zu haben.

 

 

Bretonische Verhältnisse

 

Zurück im Camp beschließen wir, alle weiteren körperlichen Aktivitäten für heute einzustellen. Stattdessen nutzen wir die wenigen Sonnenstrahlen und rufen den Rest des Tages zum Lesenachmittag aus, wozu uns aus unserer kleinen Bordbibliothek einige Romane zur Verfügung stehen. Wie zum Beispiel der Krimi und Bestseller "Bretonische Verhältnisse" für mich sowie nicht ganz so anspruchsvoll "Alles azurro" für die Muddi. Nach dem Abendbrot, das neben dem üblichen Camembert in Anbetracht unserer Tomatenvorräte mit einem Tomatensalat mit Mozarella aufgewertet wird, stellt sich plötzlich eine überraschende Wetterbesserung ein. Die Abendsonne scheint vom fast wolkenlosen, blankgeputzen Himmel als wolle sie in den letzten Tagen Versäumtes nachholen. Uns ist es recht, außerdem feiern wir heute Bergfest, liegt doch die Hälfte des Urlaub hinter uns. Bedauerlich ist nur, dass sich vor wenigen Stunden unsere drei Fräuleins aus Dortmund von uns verabschiedet haben. Die netten Mädel hoffen, in der Normandie auf etwas wärmere Temperaturen zu treffen. Dass das Wetter hierzulande öfters umschlägt, ist aber typisch für die Bretagne. "Mindestens fünf Mal am Tag ist auch hier schönes Wetter", heißt es in einem bretonischen Reiseführer. Trotzdem trauen wir dem Frieden nicht und bauen unser Vorzelt bereits am Abend ab.

 

 

Am Abend "Büttenwarder"

 

Danach genießen wir noch einen zauberhaften Postkarten-Sonnenuntergang. Als die Sonne gegen 22.15 Uhr im Meer versinkt, wird es jedoch empfindlich kühl. Im auf die Schnelle leicht durchgeheizten Wohnwagen spielen wir noch zwei Runden Skipbo, nach denen sich jeder einmal in die Siegerliste eintragen darf und beschließen den Tag mit den Folgen 23 und 24 unserer Kultserie "Büttenwarder". Morgen werden wir Pléhérel-Plage verlassen und nach Trégastel an die Cote de granit rose weiter fahren.

 


 

An der Côte de Granit Rose

Mittwoch, 19. Juni (13. Tag)

 Adieu Fréhel - nach drei schönen Tagen heißt es heute Abschied zu nehmen. Da wir am Abend zuvor bereits das Vorzelt abgebaut und einen Großteil unserer Ausrüstung verstaut haben, ist auch der Rest schnell eingepackt. Bevor wir aber unsere Weiterfahrt antreten, rufen wir via Handy unsere Camperfreundin Gabi in Göttingen an, die auf dem Campingplatz Dransfeld ihren sechzigsten Geburtstag feiert.
Danach geht es unter anfangs strahlend blauem Himmel auf gut ausgebauten Straßen durch Saint Brieuc auf der vierspurigen Nationalstraße 12 über Lannion an die Côte de Granit Rose. Tagesziel ist der 120 km entfernte Campingplatz "Tourony" in Trégastel. Den durch seine fantastische Lage exponierten Platz an der Bucht von Trégastel und Ploumanac'h erreichen wir kurz vor 13 Uhr, justament zu der Zeit, als die Betreiber ihre Mittagspause von 12 bis 14 Uhr abhalten. Da die Schranke einladend geöffnet ist, bringen wir nach einem Platzrundgang unter dem Motto "Platz suchen, Aufbauen, Anmelden" unser Schneckenhaus an einem strandnahen Stellplatz in Stellung.

 

 

Minutensteaks im Camp Tourony

 

Gegen 14 Uhr werden wir in der Rezeption überaus freundlich vom Betreiber-Ehepaar begrüßt. Das Einchecken mit der ASCI-Card - Strom und Dusche inklusive - für 16 Euro pro Nacht, ist schnell erledigt. Auch WLan gibt's gratis. Dann werden wir mit einer Flut von Prospekten und Hinweisen über den Ort und seine nähere Umgebung versorgt. Dabei scheint man uns unbedingt mitteilen zu müssen, dass die einstige Ulknudel Didi Hallervorden im Schloss auf der Insel gegenüber seinen Zweitwohnsitz hat. Na prima, das wissen wir allerdings schon aus dem Internet.
Am Platz ist schnell alles aufgebaut, zumal wir für den geplanten zweitägigen Aufenthalt nur die Sonnenmarkise in die Kederleiste ziehen. Dass die Markise ihren eigentlichen Zweck als Sonnenschutz verfehlt und uns vielmehr als Schutz gegen den am Nachmittag einsetzenden Regen dient, stört uns nicht. Zwischenzeitlich hat die Muddi ein leckeres Mittagessen gezaubert. Es gibt Minutensteaks vom Kalb, Rotkohl und Wildreis - zum Nachtisch Schokopudding (den Wildreis sicherlich, weil die Köchin zum Kartoffelschälen keinen Bock gehabt hat).

 

 

In deutscher Reihe

 

Heute ist wieder Duschtag - mit Freude registrieren wir, dass in den beiden großzügig konzipierten Sanitärs, die auch hier von Männlein und Weiblein gemeinsam benutzt werden, alles pingelig sauber ist. Nach dem Abendbrot ergibt sich die Gelegenheit zu Gesprächen mit netten Nachbarn aus Siegen und Hamburg, mit denen wir auf den Parzellen C 3 bis C 5 eine "deutsche Reihe" bilden. Wahrlich ein Novum in Anbetracht der vielen Nieder- und Engländer, die hier auf den meisten Plätzen deutlich in der Mehrzahl sind. Die beiden Skipbo-Runden tragen wir, wegen der abendlichen Kühle warm angezogen, vor unserem Wohnwagen aus. Sie enden 1:1-Unentschieden. Nach den Büttenwarder-Folgen 25 und 26 fallen wir beide ziemlich müde in Morpheus' Arme.

 

 

Auf dem Zöllnerweg

 

Donnerstag, 20. Juni (14. Tag)

Nach dem nächtlichen Starkregen ist es heute Morgen noch empfindlich kühl. Die Quecksilbersäule schafft es gerade mal so bis an die 15 Grad zu klettern. Besonders bei schlechtem Wetter schafft es die Muddi immer wieder, uns den Start in den Tag mit einem besonders leckeren Frühstück zu verschönen. Heute zum Beispiel hat sie ein Rührei mit Schinken aus unserer Super-Pfanne gezaubert, wie man es auf dem Frühstücksbuffet eines Vier-Sterne-Hotels auch nicht besser vorfindet. Dann werden die Räder für eine kleine Rundfahrt gesattelt. Weit kommen wir allerdings nicht, denn schon kurz hinterm Hafen von Ploumanach ist es mit dem Radeln vorbei, weil uns riesige Granitbrocken den Weg versperren. Wir stellen unsere Räder in Hafennähe ab und laufen per Pedes auf dem so genannten vier Kilometer langen Zöllnerweg (Sentier des Douaniers) immer entlang der Rosa Granitküste bis zum Leuchtturm von Ploumanach.

 

 

Galettes in Ploumanach

 

Das ständige Auf und Ab bringt uns zwar etwas aus der Puste, soll aber gut für Herz und Kreislauf sein. Von der gegenüber liegenden Insel Costaéres grüßt das gleichnamige Schloss, das Nonstop-Nonsens-Erfinder Hallervorden gehört. Es ist Ebbe und wir beobachten einen Geländewagen, der zur Insel unterwegs ist. Ob das "Didi" ist? Kaum anzunehmen, weil unser sachsen-anhaltinischer Landsmann zurzeit in seinem Berliner Schlosstheater sicher andere Böcke zu melken hat.
Der Leuchtturm von Ploumanac'h ist von einer Busladungen schaulustiger Touris umlagert, die ein kleines Stück vom Zöllnerweg mit größtenteils unpassendem Schuhwerk erwandern wollen. Bevor wir uns auf den Rückweg machen, kehren wir in Ploumanach ins Restaurant "Fruits de mer" ein, um endlich mal französisch Mittag zu essen. Dabei steht uns aber weniger nach Meeresfrüchten als vielmehr nach einem herzhaften Steak der Sinn. Aber die Speisekarte bleibt für uns ein Buch mit sieben Siegeln, so dass wir uns am Ende doch wieder die landestypischen, aber äußerst leckeren Galettes bestellen. Danach gibt es den obligatorischen Espresso und schon sind wir wieder munter und für den Rückweg gerüstet.

 

 

Zum Haus zwischen den Felsen

 

Im Tourony-Camp zurück nutzte ich den Wifi-Hotspot, um ein Stündchen gratis im Internet zu surfen und dabei Grüße an die Camperfreunde daheim abzusetzen. Nach dem Kaffeetrinken und einem Tankstop beim Super-U in Trégastel spazieren wir noch im Ortszentrum herum, wissen aber nicht so recht, was wir mit dem Rest des Tages anfangen sollen. Da erinnere ich mich, in einem daheim gelesenen Bretagne-Reisebericht etwas von einem Haus zwischen den Felsen gelesen zu haben. Das soll hier irgendwo an der Côte de Granit Rose ein beliebtes Fotomotiv sein. Was liegt da näher, als sich spontan danach auf die Suche zu machen, zumal die Halbinsel von Plougrescant lt. Navi nur 30 Km entfernt sein soll. Nach längerem Suchen finden wir das Haus zwischen den Felsen (Le Gouffre), machen erst einige Fotos und uns dann auf den Heimweg. Das Abendprogramm unterscheidet sich nur unwesentlich von den Abenden zuvor. Währen die Muddi bei einem Schoppen Roten kreuzworträtselt, bringe ich bei meinen letzten zwei Fläschchen Bier die Reisenotizen auf den neuesten Stand. Den zwei Runden Skipbo folgen dann noch zwei Folgen Büttenwarder, bevor es kurz vor Mitternacht in die Heia geht.

 

 

Im Naturreservat Venec

Freitag, 21. Juni (15. Tag)

Tregastel - Bénodet (158 km)

 Den kalendarischen Sommeranfang haben wir uns wahrlich freundlicher vorgestellt. Stattdessen setzt sich der nächtliche Regen am Vormittag fort, dazu tun die für Mitte Juni viel zu niedrigen Temperaturen um die 15 Grad Celsius ein übriges. Gegen 10 Uhr haben wir im Caravan und in der "Zugmaschine" Marschbereitschaft hergestellt. Wir verabschieden uns bei der netten Dame in der Rezeption und bedanken uns für die umsichtige Betreuung. Nicht nur dafür wird dieser Campingplatz mit Sicherheit eine Spitzenstellung unter den von uns besuchten Plätzen einnehmen.
Die Fahrt von Côte de Granit Rose in den Südteil der Bretagne bringt uns vom Département Côtes-d'Armor ins Département Finistére. Diese Fahrt hat besonders wegen einer langen Steigung kurz hinter Sainte Efflam ihre Tücken. Waren wir in Sainte Efflam noch auf Meeresspiegelhöhe unterwegs, so bringt uns unser Dieselchen von nun an immer höher hinauf, bis wir uns plötzlich auf einem Hochplateau in dichtem Nebel wieder finden. Fräulein Navi zeigt eine Höhe von 380 Metern über N.N. an. Wir sind im Naturreservat Venec, einem dünn besiedelten Hochmoor, klärt uns unser Reiseführer auf. Auf einem Parkplatz an der Departémentstrasse 785 machen wir eine kurze Rast. In östliche Richtung blicken wir auf das Reservoir Saint Michel, einem riesigen Stausee, der einst angelegt wurde, um ein mittlerweile stillgelegtes Atomkraftwerk mit Wasser zu versorgen, ist im Reiseführer nachzulesen.
Die wenigen Ortsdurchfahrten, die wir in dieser menschenleeren Gegend durchfahren, verlangen wieder einmal große Aufmerksamkeit von Fahrer und Beifahrerin. Wobei letztere es hin und wieder vorzieht, bei brenzligen Situationen lieber die Augen zu schließen, als der Gefahr ins Auge zu blicken. Die kam beispielsweise in Brasparts von vorn, als an einem mit Baumstämmen beladenen entgegenkommenden Lkw mit Überlänge partout kein Vorbeikommen war. Aber nachdem wir ein kleines Stück zurücksetzen und ganz dicht an die Häuserwand heranfahren, kommt der große Brummi an uns vorbei.

 

 

Ankunft im Camp "Du Letty"

 

Kurz vor 13 Uhr umfahren wir Quimper und erreichen eine Viertelstunde später Benodet, unser heutiges Tagesziel. Zwar führt uns Fräulein Navi einmal mehr nicht auf dem kürzesten Weg zum Ziel, dennoch stehen wir kurz nach 13 Uhr vor dem Campingplatz "Du Letty", den wir uns auf Grund zahlreicher positiver Bewertungen in einigen Camper-Foren ausgesucht haben. Der Platz punktet nicht nur mit seiner tollen Lage direkt am Meer, sondern hat auch an Komfort allerhand zu bieten. Einziges Manko für uns Sparfüchse ist die Tatsache, dass hier bereits ab morgen die Vorsaisonpreise auslaufen, so dass wir für den zweiten Tag acht Euriken mehr abdrücken müssen. Egal, wir haben Urlaub und da wird ohnehin nicht auf jeden Cent geschaut.

 

Ringel, Ringel, Roses…

 

Bei der Platzwahl entscheiden wir uns für einen Stellplatz in Strandnähe und werden bereits bei der Anfahrt von zwei hilfsbereiten Nachbarn begrüßt. Ein junger Mann aus Irland und ein etwas älterer Engländer eilen sofort herbei und sind uns beim "Movern" unseres Schneckenhauses behilflich. Die üblichen Handgriffe des Campaufbaus gehen uns schnell von der Hand, so dass noch genug Zeit bleibt, um mit den netten Helfern einen kleinen Begrüßungsschluck zu trinken.
Ein Rundgang über den Platz und ein Blick in einige der zahlreichen Sanitärs bestätigen uns, hier für unser Geld auch die erwartete Gegenleistung zu bekommen. Nach dem Rundgang tragen wir unsere Liegestühle an den Strand und genießen das inzwischen angenehme Sommerwetter. Danach testen wir erstmals die großzügige Poolanlage. Alles ist bestens, es gibt nichts zu meckern.
Zum Abendbrot gibt es Bratkartoffeln mit Schinken, die in unserer praktischen Elektropfanne schnell zubereitet sind. Auffallend für uns Landratten ist der ungewöhnlich große Tidenhub, weil bei Ebbe vom Wasser bzw. unserer Strandnähe nicht mehr viel zu sehen ist. Das Meer zieht sich weit zurück und die gegenüberliegende Halbinsel ist fast trockenen Fußes zu erreichen. Bis kurz vor 23.30 Uhr sitzen wir beim Licht unserer Laterne vor dem Wohnwagen, prosten unseren Nachbarn aus Eng- und Irland mehrmals mit einem freundlichen "cheers" zu, wobei Muddis Tänzchen mit den beiden irischen Kindern ("Ringel, Ringel, Roses…") und der grauhaarigen Engländerin für allgemeine Heiterkeit sorgt.

 

 

Stadtbummel in Quimper

Sonnabend, 22. Juni (16. Tag)

Trotz leichten Nieselregens und Temperaturen nur um die 15 Grad Celsius lassen wir uns nicht davon abbringen, mit dem Auto nach Quimper zu fahren. Bis dorthin sind es nur 17 Kilometer. Nach anfangs etwas problematischer Parkplatzsuche in der Innenstadt finden wir doch noch eine Parklücke in einer der ansonsten völlig zu geparkten Seitenstraßen. Von dort aus ist die Altstadt fußläufig in wenigen Minuten zu erreichen. Im Zentrum pulsiert das Leben und während die Muddi erstmal eine Reihe von Geschäften abklappert, begebe ich mich recht erfolgreich auf Foto-Safari. Danach schlendern wir über den Wochenmarkt mit seinem vielseitigen Angebot und kommen erst in der ehrwürdigen Kathedrale Saint Corentin wieder zur Ruhe. Nach kurzer Pause im Kirchengestühl muntern uns ein Kaffee und ein Croissant wieder etwas auf. So gestärkt entschließen wir uns noch zu einer kleinen Spritztour durch den westlichsten Teil des Départements Finistere, der aufgrund seiner Lage auf der Spitze der bretonischen Halbinsel bereits in römischer Zeit den Namen Finis Terrae (Ende der Erde) bekam.

 

 

Am Pointe du Raz

 

Bis zur Pointe du Raz, dem nach der nördlich von Brest gelegenen Pointe du Corsen, zweitwestlichsten Punkt des französischen Festlands sind es von Quimper aus noch gute 60 Kilometer, die wir in einer knappen Stunde bewältigen. Dabei passieren wir einige urige bretonische Dörfer. Mit uns eine große Zahl von Schaulustigen, die ebenfalls bei strahlend blauem Himmel die an den Klippen der Biskaya aufschäumende Brandung bestaunen wollen. Fast zwei Stunden kraxeln wir auf der Pointe du Raz herum, bevor wir wieder zurück am mit 6 Euro kostenpflichtigen Parkplatz sind. Nach einem Espresso am Touristenzentrum vor der Pointe du Raz fahren wir zurück nach Benodet und werden dabei von einem mächtigen Unwetter überrascht, bei dem die Temperaturen auf sage und schreibe 12 Grad absinken. In Plozévet klärt es wieder etwas auf. Hier treffen wir zufällig auf eine Billig-Tanke, in deren dazugehörigen Supermarkt wir noch einige Dinge für das Wochenende einkaufen. Erst gegen 20 Uhr sind wir wieder an unserem Wohnwagen. Nach dem Abendbrot schreiben wir noch einige Ansichtskarten vom Pointe du Raz, u.a. an Käptn B. in Rostock, der seinerzeit als Fahrensmann zig Mal das Kap umfahren musste, um aus der oft stürmischen Biskaya in den Ärmelkanal in Richtung Heimat zu schippern. Die abendlichen Skipbo-Runden gehen heute etwas lustlos über die Bühne. Vielleicht liegt es daran, dass wir vom Quimper- und Pointe-du-Raz-Besuch doch etwas müde sind. Auch die fällige Büttenwarder-Folge bekommen wir nur noch im Halbschlaf mit.

 

 

Über Carnac lacht die Sonne

Sonntag, 23. Juni (17. Tag)

Bénodet - Carnac (120 km)

 Und wieder heißt es Abschied nehmen. Diesmal nicht nur von Benodet und dem Edel-Campingplatz "Du Letty" sondern auch von unseren Camper-Nachbarn aus England und Irland. Der Tag beginnt kühl und regnerisch, wieder hat das Thermometer Mühe, zumindest die 15 Grad-Grenze zu erklimmen. Nach einem "Fotoshooting" zum Abschied von unseren Camper-Nachbarn, nehmen wir gegen 10 Uhr Kurs auf unser nächstes Ziel. Mit Carnac oder Trinité-sur-Mer sollen wir uns angeblich die an Sonnenstunden reichste Gegend der Bretagne ausgesucht haben. Allerdings fällt es uns schwer, unserem Reiseführer hinsichtlich der augenblicklichen Wetterlage Glauben zu schenken. Zunächst geht es über kleine Départementstraßen und Orte, ein Stück an der Küste entlang. Ein großer Wochenmarkt im Zentrum von La Foret-Fouesnant bringt uns fast zur Verzweiflung, weil die ausgeschilderte "Devitation" (Umleitung) alles andere als wohnwagentauglich ist. Doch alles geht gut und wir erreichen unbeschadet nördlich von Corncarneau die Autobahn N 165, die uns in entspannter Fahrt, vorbei an Lorient, das bereits zum Département Morbihan gehört, zunächst bis Aurey bringt. Als wir dann in südlicher Richtung weiter auf die Küste zu fahren, scheint der Reiseführer hinsichtlich der versprochenen Sonnenstunden zu seinem Recht kommen zu wollen. Denn als wir Carnac erreichen, lacht die Sonne vom blauen, fast wolkenlosen Himmel.

 

 

ACSI-Card auf "Les Druides" 

 

Auch in Carnac hat unser Fräulein Navi wieder einmal Mühe, uns auf möglichst kurzem Weg zum Campingplatz "Les Druides" zu leiten. Diesmal ist es ein Wochenmarkt im Ortszentrum, der das Navi ein wenig durcheinander bringt. Dennoch treffen wir wenige Minuten vor zwölf Uhr am "Les Druides" ein und haben das Glück noch einchecken zu können, bevor sich die gut deutsch sprechende Dame vom Dienst in die Mittagspause verabschiedet. Hinsichtlich ihrer Platzangebote erhärtet sich zum wiederholten Mal der Verdacht, dass Vorsaison-Camper mit ACSI-Card nicht die wirklich schönen Plätze bekommen, sondern meistens auf nicht ganz so prickelnde Plätze abgeschoben werden. Obwohl wir als Alternative noch den Campingplatz La Plage in Trinité-sur-Mer in unserem Merkheftchen haben, bringen wir unseren Wohnwagen zwischen zwei Niederländern und einem Engländer etwas eingeengt in Position und bauen wegen des auffrischenden Windes unser Vorzelt auf. Somit haben wir ein windgeschütztes Plätzchen, an dem wir uns am frühen Sonntagnachmittag erstmal unseren Sonntagskaffee und unsere Mandel-Croissants schmecken lassen.

 

 

Spaghetti Bolognese zu Mittag

 

Muddis Bad im Pool, der sich direkt hinter unserem Wohnwagen befindet, fällt trotz der inzwischen immerhin 18 Grad Luft- und kaum höherer Wassertemperatur relativ kurz aus. Den Rest des Tages lassen wir ausgesprochen ruhig angehen, wobei die Zubereitung einer warmen Mahlzeit zum Abend im Mittelpunkt unserer Aktivitäten steht. Es gibt Spaghetti Bolognese mit geriebenem Käse. Alles schmeckt vortrefflich. Vortrefflich schmeckt auch der Rotwein, mit dem wir danach zum Abendprogramm übergehen. Das nämlich unterscheidet sich kaum von all' den Abenden zuvor. Fast ist es uns peinlich, ständig darüber zu berichten: Wir schreiben ein paar Ansichtskarten oder senden einige SMS an die Lieben daheim und....... reißen den nächsten Drei-Liter-Karton Rotwein auf (diesmal ist es ein Pays D'oc Merlot). So vergeht die Zeit wie im Fluge, bevor wir nach zwei Runden Skipbo und der 30. Büttenwarder-Folge schlafen gehen

 

 

Mit den Rädern nach Carnac 

Montag, 24. Juni (18. Tag)

Schon am frühen Morgen kündigt sich unser letzter Tag in der Bretagne mit eitel Sonnenschein an. Das heißt für uns, nach dem Frühstück die Fahrräder startklar zu machen, um bei strahlend blauem Himmel hinein nach Carnac zu düsen. Nachdem wir die Räder an einem halbwegs sicheren Ort zurücklassen, bummeln wir durch die trotz Vorsaison pulsierende Stadt, in der man sich an allen Ecken auf den bevorstehenden Start in die Hauptsaison vorzubereiten scheint. Wir flanieren auf dem Boulevard de la Plage, zu gut deutsch Strandpromenade, auf und ab und lassen uns auf einer Bank vor dem Strandhotel "Le Plancton" die Sonne auf den Pelz scheinen.

Kurios indes ist die Begegnung mit einem Herrn, der uns in französisch anzusprechen versucht, bis er schließlich bemerkt, dass auch wir Deutsche sind - der eine aus Hamburg und der andere etwas elbaufwärts aus der Nähe von Magdeburg. Da der Hamburger ebenfalls mit seiner Frau und Wohnwagen am Haken unterwegs ist, kommen wir ins Gespräch und tauschen unsere bisherigen Erfahrungen in der Normandie und in der Bretagne aus.

 

 

Galettes in Carnac

 

Abwechslungs- aber auch lehrreicher Höhepunkt des Tages ist ohne Zweifel unser Verlangen nach einem Mittagessen. Nach mehreren Versuchen, die Speisekarten vor den um Gäste buhlenden Lokalen zu deuten, verschlägt es uns letztendlich in ein kleines Restaurant an der Avenue des Druides. Der Versuch, unsere Bestellung mit Hilfe eines Sprachführers aufzugeben, zaubert dem freundlichen Kellner zunächst ein Lächeln ins Gesicht. Danach ist er aber rührend bemüht, uns bei der Wahl beratend behilflich zu sein, wozu er sogar noch seinen etwas deutsch sprechenden Koch aus der Küche holt. Fleischgerichte, wie beispielsweise ein Filet oder ähnliches von Schwein und Rind stehen hier ab 19 Euro aufwärts ganz oben auf der Karte…. Nein danke, da orientieren wir uns doch lieber etwas weiter unten. Nach intensiver Beratung über Füllung und dazu passender Soße bzw. "Creme" haben wir aber am Ende dann doch wieder die herzhafte Variante des bretonischen Pfannkuchens (Galette) auf dem Teller. Nach dem Essen und einem Espresso als Muntermacher spazieren wir auf dem Rückweg noch durch einen Super-U-Markt, ziehen an einem Bankomaten in der Nähe der Tourist-Info ein paar Scheine und sind mit unseren Fahrrädern gegen 14 Uhr wieder zurück am Wohnwagen. Hier legen wir uns trotz Espresso noch ein halbes Stündchen aufs Ohr.

 

 

Dolmen und Menhire

 

Nach einer kurzen Mittagspause treibt uns die Neugier nach den um Carnac zahlreich vorhandenen Dolmen und Menhiren wieder hinaus. Diesmal allerdings nicht mit den Rädern, sondern mit dem Auto. Wir besuchen zunächst eines der großen Menhir-Felder am Rande der Stadt und anschließend eine steinerne Grablage (Dolmen), die angeblich aus dem Jahr 3500 vor Christi stammen soll. Das ausgesprochen schöne Sommerwetter verleitet uns dann noch zu einem Ausflug auf die Halbinsel Quiberon, die wir bis zu ihrer Südspitze "erfahren". Nach einem Stopp an einem der zahlreichen Häfen in Quiberon haben wir Mühe, den Heimweg zu finden, weil uns Fräulein Navi immer wieder auf engsten und fast unpassierbaren Gässchen in Richtung Norden führen will. Schließlich finden wir dann doch noch die Hauptstraße D 768 und fahren über Plouharnel zurück nach Carnac. Obwohl nicht unbedingt erforderlich, kaufen wir im örtlichen Lidl noch ein paar Kleinigkeiten an Ess- und Trinkbarem und sind somit für die letzte Urlaubswoche bestens versorgt. Wie immer, so nimmt auch heute das Abendbrot einen breiten Raum in unserem Abendprogramm ein. Zum frischen Brot, diesmal sogar mit Cerialien und Camembert gibt es wieder etwas Rotwein, worauf sich meine bessere Hälfte erstmal zu einem Nickerchen niederlegt. Ich indes widme mich etwas anrüchigen Geschäften und habe damit zu tun, die WC-Kassette ordnungsgemäß zu entsorgen. Morgen starten wir schließlich in Richtung Paris und da muss doch im Wohnwagen und im WC alles in Ordnung sein, oder?......
Ehrensache bzw. Macht der Gewohnheit, dass wir uns auch heute nach der obligatorischen Skipbo-Runde nicht zur Nachtruhe begeben, ohne uns vorher noch die Büttenwarder-Folge 31 reinziehen. Die drei Skipbo-Runden endeten 2:1 für die Beifahrerin.

 

Es geht in Richtung Paris

Dienstag, 25. Juni (19. Tag)

Carnac - Tuffé (330 km)

Während des Frühstücks nehmen wir hinsichtlich unserer Fahrt nach Paris gleich mehrere Änderungen in unserer Reiseplanung vor. Zum einen wollen wir den ca. 500 Kilometer langen Ritt nicht an einem Tag bewältigen, sondern irgendwo hinter Le Mans einen Campingplatz aus dem ACSI-Katalog anfahren. Zum anderen bietet es sich nach einem Blick auf die Landkarte an, die langweilige Fahrerei auf Autobahn etwas einzuschränken und stattdessen die in Richtung Paris parallel zu den Autobahnen verlaufenden Departementstraßen zu benutzen. Dass wir dabei die ab Laval fälligen 49 Euro Peage für etwa 290 mautpflichtige Autobahnkilometer einsparen, betrachten wir als willkommenen Nebeneffekt. Gegen 10 Uhr verlassen wir Carnac bei strahlend blauem Himmel, fahren bei Aurey auf die Nationalstraße N 165 auf, die uns zunächst bis Vannes bringt, weiter geht es dann durch das Département Ille-et-Vilaine auf den vierspurigen N 166 und N 24 immer auf Rennes zu, der Hauptstadt der Bretagne. Als es dann 70 Kilometer hinter Rennes vorbei ist mit der kostenlosen Nutzung bretonischer Autobahnen, weil hinter Laval die N 157 in die mautpflichtige A 81 übergeht, verlassen wir die Autobahn und fahren, meistens in Sichtweite derselben, auf der D 57 weiter.

 

 

Haute cuisine beim Campen

 

Erholung finden wir bei einer Mittagspause auf einem Parkplatz an der D 57 kurz vor Laval. Während hier der Chauffeur ein fast einstündiges Mittagsschläfchen abhält, "kreiert" die Beifahrerin in der Bordküche in einer Restverwertungsaktion aus dem vor ein paar Tagen übrig gebliebenen Wildreis mit je einer Büchse Mandarinen und Mais, gewürfelten Kochschinken, Bautzener Curry-Senf-Sauce sowie einer Honig-Senf-Dill-Soße eine überaus köstliche Speise, die durch Mousses o Chocolat zum Dessert abgerundet wird - Haute cuisine beim Campen, was will man mehr.... In einer Autobahn-Raststätte hätten wir mit Sicherheit nichts Besseres bekommen.
Nach fünf Stunden Fahrt erreichen wir nach 330 Kilometern das Städtchen Tuffé, im Département Pays-de-la-Loire und finden auch den örtlichen Campingplatz du Lac (am See) recht schnell. Der Campingplatz in Tuffé verdient es allemal, in unserem Reisebericht besonders erwähnt zu werden. Nicht nur der herzliche, zum Teil deutschsprachige Empfang, sondern auch die insgesamt gepflegte Anlage, einschließlich der beiden sauberen Sanitärs, machen diesen Platz auf jeden Fall für alle Camper empfehlenswert, die als "Maut-Flüchtlinge" auf der Reise von der Bretagne nach Paris einen Zwischenstopp einlegen wollen.

 

 

Zwischenstop in Tuffé

 

Wir werden vom Platzchef persönlich zu unserem Stellplatz direkt am See geleitet. Da wir hier nur übernachten wollen, bauen wir weder Vorzelt noch Sonnendach auf. Stattdessen genießen wir die paradiesische Ruhe des nur mittelmäßig besuchten Platzes, nehmen eine ausgiebige Dusche und können diesen Reisetag, Dank der himmlischen Ruhe zufrieden ausklingen lassen. Dazu bedarf es diesmal einer Flasche Chardonney, die wir uns nach dem Abwasch genehmigen. Dass zwei Runden Skipbo und eine Folge Büttenwarder den Tag beschließen, wollen wir eigentlich gar nicht mehr erwähnen. Vielleicht zum letzten Mal - denn morgen geht es hinein nach Paris. Auch die noch zu fahrenden 180 Kilometer wollen wir zunächst auf Land- und Nationalstraßen zurücklegen. Im Umland von Paris sind ja dann ohnehin alle Autobahnen mautfrei.

 

 

Mega-Stau vor Paris

Mittwoch, 26. Juni (20. Tag)

Tuffé - Paris (185 km)

 Der Zwischenstopp in Tuffé hat uns sichtlich gut getan. Ausgeruht starten wir nach dem Frühstück, das uns vor dem fertig gepackten Wohnwagen doppelt so viel Freude macht, in den neuen Tag. Dann wird es ernst und wir nehmen mit etwas flauem Gefühl die Fahrt in die französische Hauptstadt in Angriff. Die verläuft zunächst auf kleinen Landstraßen, bevor wir bei Sceaux-sur-Huisne auf die D 323 treffen und dieser Départementstraße über Norgent-le-Rotrou und einer Reihe kleinerer Ortschaften bis nach Dreux folgen. Vor Dreux legen wir eine Mittagspause ein und erreichen kurz darauf die vierspurige Nationalstraße N 12. Auf dieser autobahngleich ausgebauten Straße rollen wir sehr komfortabel auf Paris zu. Kurz vor der Stadt geraten wir auf der mautfreien A 12 und A 13 in einen gewaltigen Stau.

 

 

Im Pariser Verkehrsgewusel

 

"Rien ne va plus" - nichts geht mehr! Von nun an geht es trotz vierspuriger Fahrbahn stadteinwärts nur noch im Schneckentempo vorwärts. Irgendwann ist dann auch die Autobahn zu Ende und wir stecken mitten drin im Pariser Verkehrsgewusel. Holla, die Waldfee - was geht denn hier ab? Von der uns in heimatlichen Gefilden vertrauten Verkehrsdisziplin keine Spur! Da werden Fahrspuren gewechselt ohne zu blinken und das nur nach kurzem Hupen in recht rasantem Tempo. Als wir uns irgendwo im blinden Vertrauen auf unser Navi zu weit nach links einordnen, übersehen wir eine Höhenbegrenzung und fahren prompt auf eine Unterführung zu, der wir wegen einer fetten Sperrlinie zur Rechten nicht mehr entweichen können. "Da passen wir doch nie durch", bricht ein Angstschrei aus meiner Beifahrerin heraus. Naja, hoffentlich hat sie Unrecht, denke ich. Also Augen zu, gleich wieder auf und durch - denn an Anhalten ist nicht mehr zu denken. Dass mir in des Tunnels Dunkel plötzlich die absurdesten Gedanken durch den Kopf schießen, von denen besonders einer noch Tage danach für wirre Albträume sorgt, wollte ich eigentlich für mich behalten: Aber nach der Unterführung als Caravan-Cabrio durch die Lande zu rollen, wäre doch der Brüller, oder?

 

 

In zweiter Reihe an der Seine

 

Obwohl wir nur ein paar Zentimeter Luft nach oben haben, geht aber alles gut, während die zunehmende Verkehrsdichte weiter nach unserer geballten Aufmerksamkeit verlangt. Auch die Anfahrt zum Campingplatz International in Maison Lafitte verläuft recht abenteuerlich. Wir beherzigen zwar den Ratschlag auf der Internetseite des Platzes, nicht dem Navi, sondern den Hinweisschildern zum Platz zu folgen, verfahren uns aber trotzdem in Maison Lafittes engen Straßen. Dennoch erreichen wir gegen 14 Uhr unser Tagesziel. Der unmittelbar an der Seine gelegene Platz macht auf den ersten Blick einen guten Eindruck. Das Einchecken verläuft problemlos, nur mit dem zugewiesenen Platz sind wir ganz und gar nicht einverstanden. Und wieder stellen wir uns die Frage, ob das daran liegt, dass wir mit der ASCI-Card nur 16 Euro pro Nacht zahlen, während ohne Rabatt weit über das Doppelte fällig ist? Der Platz liegt nämlich inmitten einer Kolonie von Mobilhomes, die von in der Stadt beschäftigten Gastarbeitern bewohnt werden. Wir reklamieren den Platz bei Rezeptions-Chefin Delphine und bekommen von ihr nach einigem hin und her einen Platz in zweiter Reihe am Seineufer zugewiesen. Plätze in erster Reihe können für einen Zuschlag von 15 Euro vorher reserviert werden.

 

 

Intensiver Geräuschpegel

 

Schon beim Aufbau unseres Camps fällt uns der intensive Geräuschpegel auf. Der wird nicht nur von den im Fünf-Minuten-Takt in die nahe liegende Metro-Station ein- und ausfahrenden Zügen, sondern auch von dem recht regen Flugverkehr über uns verursacht. Während unseres Rundgangs über den Platz registrieren wir, dass die Sanitärs sauber und die Preise im Platz-Restaurant und im Shop total überteuert sind. Am Abend fallen erstmals Skipbo-Runde und Büttenwarder-Folge aus. Stattdessen bereiten wir uns an Hand reichlicher Informationen über die französische Metropole auf den morgigen Stadtbummel vor. Danach kommen wir erst spät zur Ruhe, weil bis nach 23 Uhr eine in mehreren Mobilhomes untergebrachte Schulklasse für reichlich Lärm sorgt. Gegen Mitternacht zieht allmählich Ruhe auf dem Platz ein - auch der Metroverkehr kommt allmählich zur Ruhe. Ach so, da war ja noch die Sache mit meinen Albträumen. Die lassen mich nachts mehrmals schweißgebadet aufwachen - aber von meinem Bett aus ist der Sternenhimmel über Paris nur durch die Dachhaube zu sehen. Das Dach als solches ist noch drauf. Gute Nacht Paris, wir kommen morgen.

 

 

Bonjour Paris

Donnerstag, 27. Juni (21. Tag)

Über Nacht hat es geregnet und auch am Morgen lassen einige dunkle Wolken nichts Gutes ahnen. Darum stellen wir uns nach dem Frühstück die Frage, ob es nicht ratsam wäre, den für heute geplanten Paris-Besuch mit dem für morgen geplanten Ausflug nach Versailles zu tauschen….. Aber zum wiederholten Mal scheint Petrus ein Einsehen mit uns zu haben und lässt die dunklen Wolken von dannen ziehen. Zu unserer Freude scheint schon bald wieder die Sonne, so dass sich die Frage Paris oder Versailles von selbst beantwortet. Hurtig schlüpfen wir aus unserer Camper-Kluft und machen uns "stadtfein". Der Weg zum fußläufig etwa 10 bis 15 Minuten entfernten Bahnhof ist schnell gefunden. Hier lösen wir zwei so genannte "Tages- bzw. Mobil-Tickets" á 10,85 Euro, mit denen wir den ganzen Tag den öffentlichen Verkehrsverbund aus Metro, Bus, Tram und RER (Le Reseau Express Regional) nutzen können. Während der Fahrt mit der Vorortbahn RER in die City gibt uns ein Camper-Ehepaar aus den Niederlanden, die auf dem Campingplatz mit uns in der gleichen Reihe stehen, wertvolle Hinweise. Wir befolgen ihren Rat, am Place Charles de Gaulle auszusteigen, um von hier aus unseren Streifzug durch die Stadt zu beginnen.

 

 

Unterm Arc de Triomphe

 

Zunächst haben wir aber etwas Mühe, um in dem weitläufigen Bahnhof unter dem Arc de Triomphe (Triumphbogen), wo sich in mehreren Etagen RER- und Metro-Linien kreuzen, den richtigen Weg ans Tageslicht zu finden. Und dann sind wir auch schon "oben" und stehen auf dem Place Charles de Gaulle, auf dem es schon am frühen Vormittag an Heerscharen von Menschen wimmelt. Wir bewundern das gigantische Bauwerk in der Mitte des Platzes, das Napoleon einst zu Ehren der französischen Armee errichten ließ. Dann schlendern wir weiter unter dem großen Bogen hindurch und finden schnell heraus, welche der zwölf Straßen, die auf den riesigen Platz einmünden, die berühmte Avenue des Champs Elysées ist.  Bei der Wahl zwischen einer dreistündigen Stadtrundfahrt mit einem Sightseeing-Busse (in Wien haben wir mit "Hop On - Hop Off" gute Erfahrungen gemacht) entscheiden wir uns für einen Bummel über die Champs Elysées. Wir schaffen es tatsächlich, die wohl schönste Avenue der Welt bis hinunter zum Place de la Concorde zu erwandern. Was wir bei all dem Glanz und Glamour in dieser Prachtstraße aber auch nicht übersehen, sind die vielen Bettler und zwielichtigen Gestalten, die hier auf eine milde Gabe bzw. fette Beute hoffen.

 

 

Auf der Champs Elysées zum Place de la Concorde

 

Im Jardin des Champs-Élysées, einem Park im unteren östlichen Bereich der "Champs" lassen wir uns an einem Kiosk ein großes Schinken-Käse-Baguette und einen Kaffee aus dem Pappbecher schmecken. Als mir die Muddi erzählt, was sie dafür bezahlt hat, kippe ich mir vor Schreck den Kaffee über die Hose. Oha, liebe Leute, Paris ist teuer. Aber was soll's, wir haben erstens Urlaub, zweitens Hunger und am Monatsende gibt's ja ohnehin wieder Rente. Halbwegs gestärkt flanieren wir weiter über die Place de la Concorde in Richtung Louvre. War für uns das Verkehrsgewusel am Triumphbogen schon recht chaotisch, so wird dies an der Place de la Concorde noch um einiges überboten, obwohl ein Großteil des Platzes wegen der Vorbereitungen zum französischen Nationalfeiertag am 14. Juli für den Straßenverkehr gesperrt ist…. Wir sind froh, bei den recht kurz bemessenen Grünphasen den Platz überqueren zu können und erreichen nun die Parkanlagen (Tuilerien) vor dem Louvre.

 

 

Foto-Stopp am Louvre

 

In den Parkanlagen (Tuilerien) vor dem Louvre tummeln sich bei diesem schönen Wetter Unmengen von Menschen. Vor dem Louvre legen wir nur einen kurzen Foto-Stopp ein. Einen Museumsbesuch betrachten wir bei diesem Wetter als absolut fehl am Platze. Sorry, Mona Lisa, vielleicht ein anderes Mal. Außerdem haben wir Deinem Schöpfer bereits bei unseren zahlreichen Touren nach "Bella Italia" unsere Referenz erwiesen! Wir spazieren weiter am rechten Ufer der Seine entlang in Richtung Ile de la Cité, auf der schon von weitem die beiden mächtigen Türme von Notre-Dame zu sehen sind. Wir bestaunen bzw. belächeln die vielen Vorhängeschlösser auf der Pont des Arts (Brücke der Künste) über die wir vom rechten auf das linke Ufer der Seine wechseln. Auf der Brücke ist es Brauch von Parisern und Touristen, ihre Liebe mit einem Schloss zu besiegeln, das am Eisengitterzaun der Brücke befestigt wird. Der Schlüssel wird anschließend in die Seine geworfen. Naja, warum nicht - wenn es den jungen Leuten hilft…..

 

 

Hand in Hand entlang der Seine

 

Weniger das florierende Geschäft der Straßenhändler mit ihren Liebesschlössern als vielmehr ein Straßenmusikant sorgt auch bei uns zwei Oldies - mit immerhin 42 Ehejahren auf dem Buckel - dafür, dass auch wir uns dem Flair auf dieser Brücke nicht entziehen können oder wollen. Der Mann spielt mit großer Hingabe auf seinem Akkordeon "Sous le ciel de Paris" (Unter dem Himmel von Paris). Genau jenes von der Piaf, der Greco oder Matthieu gesungene Chanson, das fast jeder Touri mit Paris verbindet. Dass ihm dafür sogar die Muddi einen Euro in die Büchse legt, will schon was heißen. Die eingängige Melodie haben wir noch im Ohr, als wir Hand in Hand am linken Ufer der Seine weiter in Richtung Notre-Dame spazieren. Irgendwie hat sie was, diese wunderbare Stadt. Vor der Kathedrale reihen wir uns geduldig in die Warteschlange ein und sind schon bald im Inneren dieses gewaltigen Gotteshauses. Für uns inzwischen etwas pflastermüde Touris übrigens genau der richtige Ort, um sich im Kirchengestühl ein wenig auszuruhen und neue Kraft für die nächsten Ziele zu schöpfen.

 

 

Eiffelturm oder Montmatre

 

Mit der Metro sind wir von der Station Saint Michel im Handumdrehen am Eiffelturm, wo uns in Anbetracht des großen Andrangs fast der Schlag trifft. Vor den vier Kassenhäusern unter den Turmpfeilern haben sich schier endlose Schlangen gebildet. Zwei Stunden Wartezeit sind uns jedoch zu viel, wir drehen ab, überqueren auf der Pont d'lena die Seine und steigen die Treppen im Jardins du Trocadéro zur Esplanade du Trocadéro hinauf. Von hier oben kann man den gigantischen Eisenturm in seiner ganzen Pracht bestaunen und fotografieren. Was uns gewaltig auf den Keks geht, sind die zahllosen dunkelhäutigen Straßenhändler, die uns in höchst aufdringlicher Art und Weise ihren Tand aufschwatzen wollen. Als Ersatz für die ausgefallene Turmbesteigung beschließen wir, diesen wunderschönen Tag auf dem Montmartre ausklingen zu lassen. Wir fahren von der Metro-Station Trocadéro zunächst bis zur Station Charles de Gaulle und steigen dort in die Linie M2 um. Vom Charles de Gaulle fahren wir einige Stationen bis zur Station Anvers, um lt. Stadtplan dem Montmartre so nah wie möglich zu sein. Von hier aus sind es übrigens nur wenige Schritte bis zum Pigalle, dem Vergnügungsviertel von Paris, in dem sich unter anderem auch das weltbekannte Moulin Rouge befindet. Wir haben aber heute im wahrsten Sinne des Wortes höhere Ziele als der sündigen Meile von Paris einen Besuch abzustatten und erklimmen anfangs noch wackeren Schrittes über die berühmten Treppen des Montmartre den mit 130 Metern höchsten Berg der Stadt. Den erhabenen Anblick, als sich am Square Louise Michel plötzlich über uns die Basilika Sacré-Cœur vor einem strahlend blauem Himmel zeigt, werden wir nie vergessen.

 

 

222 Treppenstufen

 

Auf halber Strecke spendiert die Muddi schnell noch ein Eis, bevor wir uns daran machen, durch den Scare Willette, einem Sacré-Cœur vorgelagerten Park, in dem 222 Treppenstufen hinauf zur Basilika führen, hinauf zu kraxeln. Nach einigen Zwischenstopps oben angekommen, sind wir ganz schön aus der Puste, dafür bietet sich uns aber ein fantastischer Blick über Paris. Die Stadt liegt uns in ihrer ganzen Pracht buchstäblich zu Füßen. In unserem Reiseführer ist zu lesen, dass es nur wenige Punkte in Paris gibt, von denen man einen solch traumhaften Blick über die Stadt hat. Nun sind wir da und genießen diesen herrlichen Sommerabend in vollen Zügen. Bei strengstem Fotografierverbot werfen wir noch einen Blick in die Basilika und werden Augen- und Ohrenzeuge einer Abendmesse, die von glockenklarem A-Cappella-Gesang begleitet, ein Klangerlebnis mit Gänsehautfaktor ist. Da bekanntlich auch der schönste Tag einmal zu Ende geht, heißt es nun, den Heimweg nach Maison Lafitte einzuschlagen. Mit der "Funiculaire", einer kleinen Standseilbahn, sind wir schnell wieder unten an der Metro-Station Anvers.

 

 

Taschendiebe in der Metro

 

Auf der Rückfahrt haben wir wieder mal ein Erlebnis der besonderen Art, weil sich im Gedränge der rappelvollen Metro die Hand eines Taschendiebes in meine Hosentasche "verirrt". Dank ihrer Geistesgegenwart konnte die Muddi dem Tunichtgut mit einem Aufschrei des Entsetzens noch rechtzeitig auf die langen Finger klopfen, bevor mein Handy oder die kleine Digitalkamera den Besitzer wechseln….   Mit der Kamera wären dann auch unsere ganzen Urlaubsbilder futsch gewesen. Ein trauriger Umstand, den wir nach all den schönen Erlebnissen des Tages ganz schnell vergessen wollen. Irgendwann am späten Abend sind wir dann wieder an unserem Wohnwagen in Maison Lafitte. Hier spülen wir zunächst den Staub des Tages noch mit einem Kaltgetränk herunter, bevor wir nach mehreren "Nordhäusern" als Absacker müde in unsere Betten fallen.

 

 

Ausflug nach Versailles

Freitag, 28. Juni (22. Tag)

Was haben wir doch mit dem Wetter während unseres gestrigen Paris-Besuchs für ein Glück gehabt. Damit sieht es nämlich heute gar nicht gut aus, weil dunkle Wolken jede Menge Regen ankündigen. Unbeirrt vom Dauernieselregen und Temperaturen um die 15 Grad setzen wir uns ins Auto und sind nach etwa 20 Kilometern in Versailles, Frankreichs größtem Touristenmagneten. Leider sind wir natürlich nicht die Einzigen, die auf die Idee gekommen sind, bei diesem miesen Wetter das Chateau zu besuchen. Trotz frühzeitiger Anreise präsentiert sich uns eine ziemlich lange Menschenschlange. Was heißt eine? Bei genauerem Hinsehen sind es fünf oder sechs Schlangen, die aber nicht parallel sondern seriell auf Einlass warten.

 

 

Maschinenpistolen am Einlass

 

Wider Erwarten können wir aber schon nach etwa einer Stunde Wartezeit im Nieselregen unsere Tickets am Einlass vorzeigen. Nur gut, dass wir zumindest die Tickets für das Schloss (15 Euro p. P.) in der Campingplatz-Rezeption gekauft haben. Sonst müssten wir hier erst für die Tickets anstehen und uns danach nochmals anzustellen, um selbige am Eingang vorzuzeigen. Ob wir uns beim diesem Schietwetter den riesigen Schlossgarten antun, wofür noch mal extra sieben Euro pro Person zu löhnen sind, wissen wir noch nicht. Das Schloss verfügt über ähnliche Sicherheitsvorkehrungen wie ein Flughafen: Röntgen-Gepäckscanner und Metalldetektoren sorgen dafür, dass nichts Verbotenes in die königlichen Hallen gelangt. Die ganze Einlassprozedur wird von flecktarn gekleideten und mit Maschinenpistolen bewaffneten Herren sorgfältig überwacht.
Zur Schlossanlage lässt sich sagen, dass man sich bequeme Schuhe einpacken soll, denn das Schloss ist riesig. Schon bald merkt man, dass Bescheidenheit bei Königs keine Kardinaltugend war: Reiche Dekorationen in Gold, Marmor, Stuck und Edelholz zieren die Gemächer. Interessant ist auch das Schlafzimmer Ludwigs XIV., seinerzeit Kulisse für das berühmte "se lever": "Das Schlafzimmer hat zwei Türen. Man kommt links herein, huldigt dem König und kann rechts wieder raus", flüstert uns unser Audio-Guide ins Ohr. Mit den Dingern an den Ohren durchwandern wir stundenlang nicht nur die königlichen Gemächer, sondern auch die seiner zahlreichen Mätressen.

 

 

Ausgiebige Besichtigungstour

 

Zwischendurch landen wir irgendwann im berühmten Spiegelsaal, in dem man sich vom Hauch der Geschichte anwehen lassen kann. Nicht nur französische Geschichte, sondern auch wichtige Momente der deutschen Geschichte haben sich hier abgespielt: Proklamation des Deutschen Reichs unter Wilhelm I. (1871), Unterzeichnung des Versailler Vertrags (1918). Die ausgiebige Besichtigungstour durch das Schloss fordert jedoch alsbald ihren Tribut, weil sich bei uns eine gewisse Müdigkeit einstellt. Auch verspüren wir wegen des ständigen Nieselregens keine große Lust, die weitläufigen Garten- und Parkanlagen des Schlosses zu erwandern. Wer aber partout nicht mehr laufen will, kann sich in elektrischen Golfautos oder einer Bimmelbahn, die zwischen dem Hauptschloss und den Nebenschlössern pendelt, durch die königlichen Gärten kutschieren lassen. Wir haben genug für heute und kutschieren heimwärts zu unserem Campingplatz in Maisons Lafitte. Dort angekommen bereiten wir uns zunächst unser Abendbrot zu. Als Restverwertung gibt es gebratene Spaghettis vom vergangenen Sonntag. Beim üblichen Dämmerschoppen wird uns dann allmählich klar, dass unser Urlaub nun zu Ende ist. Morgen geht es wieder in Richtung Heimat. Die über 900 Kilometer am Stück zu fahren, kommt für uns nicht in Frage. Wir werden irgendwo auf halber Strecke einen Zwischenstopp einlegen.

 

 

Es geht wieder heimwärts

Sonnabend, 29. Juni (23. Tag)

Paris - Aachen (450 km)

 Nachdem Fräulein Navi unserem Gespann für die Rückfahrt sowohl die vertraute Route durch Belgien nach Aachen und weiter über Köln und Hannover (908 km / 20,20 Euro Maut) als auch die Route vorbei an Reims, Metz und Saarbrücken über Frankfurt (990 km /44,30 Euro Maut *) anbietet, entscheiden wir uns für die kürzere Route durch Belgien. Darüber hinaus planen wir an zwei Tagen nach Hause zu fahren. Somit haben wir ausreichend Zeit und können auch weiterhin die teuren französischen Autobahnen meiden. * Gespanntarif (Kategorie 2)!
Wir verlassen den CP International Maison-Lafitte, nachdem wir in der Rezeption für die drei Tage nur 48 Euro einschließlich Strom und Dusche zahlen, tanken in Conflans-Sainte Honorine, einer industriegeprägten Pariser Vorstadt, an einem E.Leclerc Supermarché für 1,29 Euro noch mal so richtig voll und fahren auf der Nationalstraße N 184 und später auf der viel befahrenen N 104 zunächst weiter in Richtung Flughafen Charles de Gaulle. Da wir aber unserem Navi die mautpflichtige Autobahn A 1 (Autoroute du Nord) verboten haben, müssen wir von der N 104 auf die Départementstraße D 316 abbiegen, die uns durch den Wald von Chantilly (Forêt de Chantilly) in die etwa 40 Kilometer nördlich von Paris gelegene gleichnamige Stadt bringt. Chantilly ist eine beliebte Sommerfrische für die Hauptstädter und eine Hochburg des Pferdesports, klärt uns unser Reiseführer auf. Wir fahren am prächtigen Chateau Chantilly vorbei und müssen von nun an auf der Hut sein, um in mehreren Städten wegen der ständig wechselnden Nummern der Départementstraßen auf dem richtigen Kurs zu bleiben. Aber Fräulein Navi verrichtet ihre Arbeit ohne Beanstandung und schon bald fahren wir auf der schier endlosen D 1017, meistens in Sichtweite der Autobahn A1, immer gen Norden. In Péronne, einer kleinen Stadt im Département Somme, legen wir eine Pause ein, um im örtlichen Lidl unsere Vorräte für das Wochenende zu ergänzen.

 

 

Stadtcamping Aachen

 

Weil wir etwas zu früh auf die Autobahn A 2 in Richtung Valenciennes fahren, kommt an der Mautstation Hourdain letztmalig unsere Liber t-Box zum Einsatz. Im Nachhinein besehen, hätten wir die Box gar nicht gebraucht. Zum einen trafen wir an den paar Mautstationen auf gähnende Leere und zum anderen ist das Fahren auf den National- und Départementstraßen im Vergleich zur monotonen "Kilometer-Fresserei" auf der Autobahn viel abwechslungsreicher. Auch der Belgien-Transit geht reibungslos über die Bühne, obwohl wir wegen umfangreicher Instandsetzungsarbeiten an der am Anfang unseres Reiseberichts wegen ihrer Schlaglöcher etwas gescholtenen Autobahn im Großraum Lüttich (Liége) die Geschwindigkeit etwas drosseln müssen.
Früher als erwartet erreichen wir den uns von der Hinfahrt schon bekannten Aachener Stadtcampingplatz. Der ist aber rappelvoll, weil an diesem Wochenende mit dem Chio Aachen das Weltfest des Pferdesports in der Kaiserstadt stattfindet. Wir haben aber Glück, weil ein Chio-Besucher mit seinem Wohnmobil am späten Nachmittag noch abreist und können nahtlos dessen Stellplatz übernehmen. Alles, was nach uns kommt, findet höchstens auf dem großen Parkplatz vor der Schranke noch einen Platz.

 

 

Hottehü in Aachen

Sonntag, 30. Juni (24. Tag)

Aachen - Oschersleben (488 km)

 Während unseres ausgiebigen Sonntag-Frühstücks macht der Platzwart seine Runde, um die 15 Euro Stellplatzgebühr zu kassieren. Trotz der bevorstehenden Etappe von fast 500 Kilometern lassen wir es ruhig angehen, packen gemütlich unsere sieben Sachen und schwatzen nebenbei noch ein wenig mit den Stellplatz-Nachbarn zur Rechten und zur Linken. Wie sich herausstellt, sind es weniger Camper wie wir, sondern viel mehr Besitzer oder Freunde von Besitzern edler Pferde. Schnell sind wir uns einig, dass es irgendwie auch etwas mit Camping zu tun hat, wenn man wegen internationaler Pferdesport-Turniere in gemieteten Wohnmobilen in ganz Europa unterwegs ist. Wir verabschieden uns mit einem freundlichen "hottehü" von den Pferdefreunden und sind schon nach wenigen Minuten und einem Tankstopp am Aachener Kreuz auf der Autobahn. Obwohl heute Sonntag und nicht all zu viel Betrieb auf der A4 nach Köln ist, merken wir schon bald, dass wir wieder in Deutschland sind. Auf beiden Fahrspuren neben uns wird mal wieder ordentlich Gas gegeben…

 

 

Camper-Karaoke auf der Heimfahrt

 

Den wochentags gefürchteten Stau im Großraum Köln scheint es sonntags nicht zu geben und so verläuft die Fahrt mit dem auf 90 km/h eingestellten Tempomat recht gemütlich. Fast zu gemütlich, denn schon in der Nähe von Wuppertal habe zumindest ich, als fahrender und schreibender Teil unserer zweiköpfigen Reisegruppe mit zunehmender Müdigkeit zu kämpfen. Auch unser altes Hausmittel will nicht so richtig greifen, das darin besteht, unsere selbst gebrannte Volks- und Kinderlieder-CD mit unserem mehr oder weniger schönen, dafür aber lauten Gesang, zu begleiten. Der fröhliche Lieder-Reigen fängt an mit "An der Saale hellem Strande", (das gehört sich so für einen Sachsen-Anhaltiner), geht dann weiter mit "Jetzt fahr'n wir über'n See" und "Das Wandern ist des Müllers Lust" bis hin zu "Nun ade, du mein lieb' Heimatland" , obwohl letzteres wohl besser zum Urlaubsbeginn passen würde. Doch auch unser modifiziertes "Camper-Karaoke" hilft nicht viel. Hinter dem Kamener Kreuz fahren wir zur längst fälligen Pause rechts raus und legen uns ein Stündchen aufs Ohr.

 

3976,7 Kilometer auf dem Tacho

 

Mit halbwegs hergestellter Fahrtüchtigkeit geht es dann auf der fast brummifreien A 2 munter weiter an Hannover und Helmstedt vorbei hinein in die Magdeburger Börde, bzw. in das "Land der Frühaufsteher". Als wir dann endlich Oscherslebens "Skyline" am Horizont erblicken, ist es später Nachmittag. Wir sind wieder zuhause! Der Kilometerzähler im Bord-Computer steht auf 3976,7 Kilometer. Muddis Urlaub ist zu Ende - meiner nicht, ich hab' ja noch - bin ja Rentner. Mal sehen, was wir mit dem "Rest" des Sommers machen, bevor wir dann im Herbst die Urlaubpläne für das nächste Jahr schmieden. Unsere englischen und irischen Camperfreunde vom bretonischen Campingplatz "Du Letty" haben schließlich durchblicken lassen, dass man auch in ihrer Heimat herrlich campen kann. Wäre doch gar nicht so schlecht, oder? Aber die fahren doch da alle links…..

 

Unser Urlaub ist zu Ende. Nach exakt 3976 Kilometern auf dem Tacho sind wir mit vielen Eindrücken  wieder daheim. Wir haben in den zurückliegenden drei Wochen an einigen der schönsten Orte der Normandie und Bretagne und zum Abschluss in Paris Station gemacht.

Wir haben die weißen Kreidefelsen von Fecamp und Etretat nicht nur gesehen, sondern sind auf ihnen herum gekraxelt.


Wir haben an der Seine-Mündung das idyllische Hafenstädtchen Honfleur besucht.


Wir haben uns an der Landungsküste, an der die alliierten Truppen am 6. Juni 1944 landeten, die entscheidende Wende des zweiten Weltkriegs vor Augen führen lassen.


Wir haben den sagenumwobenen Klosterberg Mont Saint Michel erklommen.


Wir haben das Kap Frehel und die Rosengranit-Küste (Côte de Granit Rose) erwandert.


Wir haben "am Ende der Welt" von den schroffen Klippen der Pointe du Raz in die schäumende Brandung des Atlantik geblickt.


Wir haben im sonnenverwöhnten Carnac die rätselhaften Menhire bestaunt.


Wir haben zum Abschluss unserer Tour drei erlebnisreiche Tage in Paris und Versailles verbracht.

All das hätte uns ein mondäner Hotelurlaub „all inklusive“ bei ganzjährigem Badewetter in südlicher Sonne nie und nimmer bieten können. Darum hoffen wir, auch in Zukunft mit unserem kleinen Wohnwagen am Haken Sehenswertes und Interessantes in fremden Ländern "erfahren" zu können.........

 

Fin